Streitschlichtung 2020
Autor: Dr. Klaus Oblin, Rouzbeh Moradi
LITIGATION
Gerichtssystem
1 Wie ist das Zivilgerichtssystem aufgebaut?
Die Bezirksgerichte sind zuständig für die meisten miet- und familienrechtlichen Streitigkeiten (sachliche Zuständigkeit) und für Angelegenheiten mit einem Streitwert bis zu 15.000 € (Geldzuständigkeit). Rechtsmittel in Sach- und Rechtsfragen sind an die Landgerichte zu richten. Wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung betroffen ist, kann eine weitere letztinstanzliche Berufung beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden. Die Landgerichte sind zuständig für Geldsachen mit einem Streitwert von mehr als 15.000 € und sachlich zuständig für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes und des Wettbewerbs sowie für verschiedene Spezialgesetze (Amtshaftungsgesetz, Datenschutzgesetz, Atomhaftungsgesetz). Die Berufung ist an die Oberlandesgerichte zu richten. Die dritte und letzte Instanz ist der Oberste Gerichtshof (OGH). In Handelssachen gibt es nur in Wien spezielle Handelsgerichte. Ansonsten entscheiden die oben erwähnten ordentlichen Gerichte als Handelsgerichte. Handelssachen sind z.B. Klagen gegen Kaufleute oder Unternehmen im Zusammenhang mit Handelsgeschäften, Angelegenheiten des unlauteren Wettbewerbs und ähnliches. Weitere Spezialgerichte sind die Arbeitsgerichte, die für alle zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus dem (ehemaligen) Arbeitsverhältnis sowie für Sozialversicherungs- und Rentensachen zuständig sind. Sowohl in Handels- (soweit Handelsgerichte in Spruchkörpern entscheiden) als auch in Arbeitsrechtssachen entscheiden Laienrichter und Berufsrichter gemeinsam. Das Oberlandesgericht Wien entscheidet als Kartellgericht in der ersten Instanz. Dies ist das einzige Kartellgericht in Österreich. Berufungen werden vom Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht entschieden. In Kartellsachen sitzen auch Laienrichter mit Berufsrichtern auf der Richterbank
Richter und Geschworene
2 Was ist die Rolle des Richters und der Geschworenen im Zivilprozess?
Im Vergleich zu Common-Law-Ländern ist die Rolle der österreichischen Richter eher inquisitorisch: Um den relevanten Sachverhalt festzustellen, können die Richter das Erscheinen von Zeugen zu einer Verhandlung anordnen, sofern dies nicht von beiden Parteien abgelehnt wird, oder andernfalls nach eigenem Ermessen Sachverständige bestellen. In manchen Verfahren besteht das Gericht aus einem Gremium, das aus "fachkundigen" Laienrichtern besteht, insbesondere in Kartellrechtsfällen, und "informierten" Laienrichtern in Arbeits- und Gemeinwohlangelegenheiten.
Probleme mit der Begrenzung
3 Welche Fristen gelten für die Erhebung zivilrechtlicher Ansprüche?
Die Verjährungsfristen richten sich nach dem materiellen Recht. Ansprüche sind nicht durchsetzbar, sobald sie verjährt sind. Die Verjährung beginnt in der Regel, wenn ein Recht erstmals hätte geltend gemacht werden können. Das österreichische Recht unterscheidet zwischen einer langen und einer kurzen Verjährungsfrist. Die lange Verjährungsfrist beträgt 30 Jahre und gilt immer dann, wenn besondere Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Die kurze Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (kann verlängert oder abbedungen werden) und gilt z.B. für Forderungen oder Schadenersatzansprüche. Die Verjährung muss von einer Partei ausdrücklich geltend gemacht werden, darf aber nicht von Amts wegen berücksichtigt werden.
Pre-Action-Verhalten
4 Gibt es Überlegungen im Vorfeld einer Klage, die die Parteien berücksichtigen sollten?
Nein, das gibt es nicht. Es ist jedoch allgemeine Praxis, dass ein Kläger seinen Gegner vor Beginn des Verfahrens benachrichtigt
Verfahren starten
5 Wie wird ein Zivilprozess eingeleitet? Wie und wann werden die Verfahrensbeteiligten über die Einleitung des Verfahrens informiert?
Das Verfahren wird durch Einreichung einer Klageschrift bei Gericht eingeleitet. Die Klageschrift gilt mit ihrem Eingang als offiziell eingereicht.
Die Zustellung erfolgt in der Regel per Einschreiben (oder, bei anwaltlicher Vertretung, über den elektronischen Rechtsverkehr, also ein elektronisches Kommunikationssystem, das Gerichte und Kanzleien verbindet). Das Dokument gilt an dem Tag als zugestellt, an dem es dem Empfänger physisch zugestellt wird (oder zur Einsichtnahme zur Verfügung steht).
Innerhalb der Europäischen Union gilt die Zustellungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten). Zustellungen an internationale Organisationen oder an Ausländer, die völkerrechtliche Immunitäten genießen, erfolgen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten. In allen anderen Fällen erfolgt die Zustellung im Ausland nach den jeweiligen Verträgen (insbesondere dem Haager Zivilprozessübereinkommen).
Fahrplan
6 Wie ist der typische Ablauf und Zeitplan für eine Zivilklage?
Die Klageschrift wird bei Gericht eingereicht und dem Beklagten mit der Aufforderung zur Abgabe einer Klageerwiderung zugestellt. Wenn der Beklagte rechtzeitig antwortet (vier Wochen ab Zugang), findet eine vorbereitende Anhörung statt, die vor allem der Gestaltung des weiteren Verfahrens dient, indem die wesentlichen Rechts- und Tatsachenfragen sowie Beweisfragen (Urkunden, Zeugen, Sachverständige) erörtert werden. Darüber hinaus können Vergleichsmöglichkeiten erörtert werden. Nach einem Austausch von Schriftsätzen folgt die Hauptverhandlung.
Die durchschnittliche Dauer eines erstinstanzlichen Rechtsstreits beträgt ein Jahr. Komplexe Rechtsstreitigkeiten können jedoch deutlich länger dauern. In der Berufungsinstanz wird nach etwa sechs Monaten eine Entscheidung gefällt. Diesbezüglich gibt es in österreichischen Zivilprozessen keine beschleunigten Verfahren.
Case Management
7 Können die Parteien das Verfahren und den Zeitplan kontrollieren?
Die Gerichte vergeben die Fälle nach Kriterien, die regelmäßig von einem bestimmten Senat festgelegt werden.
Das Verfahren wird in erster Linie von dem Richter gesteuert, der für den Zeitplan zuständig ist. Der Richter weist die Parteien an, innerhalb einer bestimmten Frist Schriftsätze einzureichen und Beweise vorzulegen. Falls erforderlich, werden auch die Sachverständigen vom Richter benannt. Die Parteien können jedoch prozessuale Anträge (z. B. auf Fristverlängerung) stellen, sich aber auch auf eine Aussetzung des Verfahrens einigen.
Beweise - Dokumente
8 Gibt es eine Pflicht zur Aufbewahrung von Dokumenten und anderen Beweismitteln bis zum Prozess?
Müssen Parteien relevante Dokumente (auch solche, die für ihren Fall nicht hilfreich sind) herausgeben? Wenn eine Partei nachweisen kann, dass die gegnerische Partei im Besitz eines bestimmten Dokuments ist, kann das Gericht eine Herausgabeanordnung erlassen, wenn entweder (1) die Partei im Besitz das betreffende Dokument ausdrücklich als Beweismittel für ihre eigenen Behauptungen bezeichnet oder (2) die Partei im Besitz rechtlich verpflichtet ist, das Dokument herauszugeben: (1) die Partei, die im Besitz ist, sich ausdrücklich auf das betreffende Dokument als Beweismittel für ihre eigenen Behauptungen berufen hat; (2) die Partei, die im Besitz ist, gesetzlich verpflichtet ist, es der anderen Partei auszuhändigen; oder (3) das betreffende Dokument im rechtlichen Interesse beider Parteien erstellt wurde, ein gegenseitiges Rechtsverhältnis zwischen ihnen bescheinigt oder schriftliche Erklärungen enthält, die zwischen ihnen während der Verhandlungen über einen Rechtsakt abgegeben wurden.
Eine Partei ist zur Vorlage von Unterlagen, die das Familienleben betreffen, nicht verpflichtet, wenn die gegnerische Partei durch die Herausgabe von Unterlagen Ehrenpflichten verletzt, wenn die Offenlegung von Unterlagen zur Ungnade der Partei oder einer anderen Person führt oder die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung mit sich bringt, oder wenn die Offenlegung eine staatlich anerkannte Geheimhaltungspflicht der Partei verletzt, von der sie nicht entbunden ist, oder ein Geschäftsgeheimnis verletzt (oder aus einem anderen, dem oben genannten ähnlichen Grund).
Es gibt keine besonderen Regeln für die Offenlegung elektronischer Dokumente oder akzeptable Praktiken für die Durchführung der elektronischen Offenlegung. Schließlich gibt es auch keine Regeln für die Offenlegung vor Klageerhebung.
Beweismittel - Privileg
9 Sind irgendwelche Dokumente vertraulich?
Wäre der Rat eines Syndikusanwalts (egal ob inländisch oder ausländisch) ebenfalls privilegiert?Nach dem anwaltlichen Berufsgeheimnis besteht keine Verpflichtung zur Vorlage von Dokumenten, es sei denn, der Anwalt hat beide Parteien im Zusammenhang mit der streitigen Rechtshandlung beraten. Anwälte haben ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn ihnen die Informationen in ihrer beruflichen Eigenschaft zugänglich gemacht wurden.
Beweismittel - Voruntersuchung
10 Tauschen die Parteien vor der Verhandlung schriftliche Beweise von Zeugen und Sachverständigen aus?
Nein - die Beweisaufnahme findet im Laufe des Rechtsstreits statt, nicht vorher. Die Parteien müssen die Beweise vorlegen, die ihre jeweiligen Behauptungen stützen, bzw. wo die Beweislast bei ihnen liegt.
Beweise - Versuch
11 Wie werden die Beweise im Prozess präsentiert?
Beweisen Zeugen und Sachverständige mündlich? Die wichtigsten Beweisarten sind Urkunden, Partei- und Zeugenaussagen, Sachverständigenaussagen und richterlicher Augenschein. Schriftliche Zeugenaussagen sind nicht zulässig.
Es gibt keine Depositionen und keine schriftlichen Zeugenaussagen, dafür sind die Zeugen verpflichtet, in der Verhandlung zu erscheinen und auszusagen. Die Zeugen werden vom Richter vernommen, gefolgt von (zusätzlichen) Fragen der Rechtsvertreter der Parteien.
Einschränkungen dieser Verpflichtung bestehen (z. B. Privilegien für Rechtsanwälte, Ärzte, Priester oder im Zusammenhang mit der möglichen Belastung naher Angehöriger).
Während der (gewöhnliche) Zeuge über Tatsachen aussagt, vermittelt der Sachverständige dem Gericht Kenntnisse, die der Richter nicht haben kann. Der Sachverständigenbeweis wird vor dem Prozessgericht erhoben. Ein Sachverständiger kann von den Parteien beantragt, aber auch auf Antrag des Richters geladen werden. Ein Sachverständiger ist verpflichtet, seine Erkenntnisse in einem Gutachten darzulegen. Mündliche Stellungnahmen und Erklärungen müssen in der Verhandlung abgegeben werden (falls von den Parteien beantragt). Privatgutachten gelten nicht als Sachverständigengutachten im Sinne der ZPO; sie haben den Status einer privaten Urkunde.
Da es keinen Raum für konkurrierende Beweise gibt, gibt es keine solchen Regeln.
Vorläufige Abhilfemaßnahmen
12 Welche einstweiligen Verfügungen sind möglich?
Die Gewährung von einstweiligen Verfügungen ist im österreichischen Vollstreckungsgesetz geregelt. Im Allgemeinen sieht das österreichische Recht drei Hauptarten von einstweiligen Verfügungen vor:
- um eine Geldforderung zu sichern;
- zur Sicherung eines Anspruchs auf bestimmte Leistungen; und
- Zur Sicherung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses können sich die Parteien sowohl vor als auch nach der Klageerhebung an das Gericht wenden. Das erforderliche rechtliche Interesse gilt als gegeben, wenn die künftige Verfügbarkeit des Beweismittels ungewiss ist oder wenn es erforderlich ist, den aktuellen Zustand einer Sache zu prüfen.
Abhilfemaßnahmen
13 Welche materiellen Rechtsbehelfe stehen zur Verfügung? Der gesetzliche Zinssatz für Geldurteile beträgt vier Prozent pro Jahr. Geldforderungen aus dem kaufmännischen Verkehr sind jedoch neben dem gesetzlichen Basiszinssatz mit einem höheren Zinssatz zu verzinsen. Der höhere Zinssatz für solche Fälle wird von der Österreichischen Nationalbank festgelegt. Schadenersatz mit Strafcharakter ist nicht möglich.
Vollstreckung
14 Welche Möglichkeiten der Durchsetzung gibt es?
Die Vollstreckung von Urteilen wird durch das österreichische Vollstreckungsgesetz geregelt.
Das österreichische Vollstreckungsrecht sieht verschiedene Arten der Vollstreckung vor. Man unterscheidet zwischen einem zu vollstreckenden Titel, der auf eine Geldforderung oder auf einen Anspruch auf bestimmte Leistung gerichtet ist, und der Vermögensvollstreckung, gegen die vollstreckt werden soll. Generell sind die üblichen Vollstreckungsarten:
- Beschlagnahme von Eigentum;
- Pfändung und Abtretung von Forderungen;
- Zwangsleasing; und
- gerichtliche Maßnahmen.
Die Vollstreckung wird durch einen Gerichtsvollzieher durchgeführt, der ein ausführendes Organ des Gerichts ist und die Anordnungen des Gerichts befolgen muss. In Bezug auf unbewegliches Vermögen stehen drei Arten von Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung:
- Zwangshypothek;
- Zwangsverwaltung, mit dem Ziel, Einnahmen zur Befriedigung der Forderung zu erzielen; und
- Zwangsversteigerung einer Immobilie.
In Bezug auf bewegliche Sachen unterscheidet das österreichische Recht zwischen:
- Forderungspfändung;
- Befestigung von materiellen und beweglichen Gegenständen;
- Pfändung von Lieferansprüchen gegen Drittschuldner; und
- Pfändung von anderen Vermögensrechten. Das österreichische Recht lässt die Pfändung bestimmter spezifischer Forderungen, wie Pflegegeld, Mietzinsbeihilfe, Familienbeihilfe und Stipendien, nicht zu.
Öffentlicher Zugang
15 Finden Gerichtsverhandlungen öffentlich statt? Sind Gerichtsdokumente für die Öffentlichkeit zugänglich?
In den meisten Fällen sind Gerichtsverhandlungen öffentlich, allerdings kann eine Partei beim Gericht beantragen, die Öffentlichkeit von der Verhandlung auszuschließen, sofern die Partei ein berechtigtes Interesse für den Ausschluss der Öffentlichkeit darlegen kann. Die Akteneinsicht ist grundsätzlich nur den am Verfahren beteiligten Parteien gestattet. Dritte können Akteneinsicht nehmen oder sogar dem Verfahren beitreten, wenn sie ein ausreichendes rechtliches Interesse (am möglichen Ausgang des Verfahrens) nachweisen können.
Kosten
16 Hat das Gericht die Befugnis, Kosten anzuordnen?
Das Gericht entscheidet in seinem Endurteil, wer die Verfahrenskosten (einschließlich Gerichtsgebühren, Anwaltskosten und bestimmte andere Kosten der Parteien (z. B. Kosten für die Beweissicherung, Reisekosten) zu tragen hat. Grundsätzlich hat jedoch die obsiegende Partei einen Anspruch auf Erstattung aller Kosten des Verfahrens durch die unterlegene Partei. Gegen die Kostenentscheidung des Gerichts ist ein Rechtsbehelf gegeben, der mit oder ohne Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache eingelegt werden kann.
Nach dem österreichischen Gerichtsgebührengesetz muss der Kläger (Berufungskläger) die Kosten vorschießen. Die Höhe wird auf der Grundlage des Streitwerts festgelegt. In der Entscheidung wird festgelegt, wer die Kosten zu tragen hat bzw. in welchem Verhältnis die Kosten des Verfahrens zu teilen sind.
Anwaltskosten werden nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) unabhängig von der Vereinbarung zwischen der obsiegenden Partei und ihrem Anwalt erstattet. Der erstattungsfähige Betrag kann daher niedriger sein als das tatsächlich zu zahlende Anwaltshonorar, da der Erstattungsanspruch auf die notwendigen Kosten beschränkt ist. Es gibt keine Vorschriften über Kostenbudgets; daher besteht keine Verpflichtung, eine detaillierte Aufschlüsselung für jedes Stadium des Rechtsstreits vorzulegen.Auf Antrag kann ein Kläger, der seinen Wohnsitz außerhalb der Europäischen Union hat, dazu verurteilt werden, eine Kaution zu hinterlegen, die die möglichen Verfahrenskosten des Beklagten abdeckt, sofern bi- oder multilaterale Verträge nichts anderes vorsehen. Dies gilt auch dann nicht, wenn der Kläger seinen Wohnsitz in Österreich hat, die (Kosten-)Entscheidung des Gerichts im Wohnsitzstaat des Klägers vollstreckbar ist oder der Kläger über ausreichendes unbewegliches Vermögen in Österreich verfügt.
Finanzierungsvereinbarungen
17 Stehen den Parteien "no win, no fee"-Vereinbarungen oder andere Arten von Erfolgshonorar- oder bedingten Honorarvereinbarungen zwischen Anwälten und ihren Mandanten zur Verfügung? Dürfen Parteien mit Hilfe von Drittmitteln klagen? Wenn ja, darf der Dritte einen Anteil an den Erträgen der Klage übernehmen? Darf eine Partei in einem Rechtsstreit ihr Risiko mit einem Dritten teilen?
Soweit nichts anderes vereinbart ist, unterliegen die Honorare der Rechtsanwälte dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Vereinbarungen über Stundenhonorare sind zulässig und üblich. Pauschalhonorare sind nicht verboten, werden aber in streitigen Angelegenheiten weniger häufig verwendet. Erfolgshonorare sind nur zulässig, wenn sie nicht als Prozentsatz des vom Gericht zugesprochenen Betrages berechnet werden (pactum de quota litis).
Prozesskostenhilfe wird den Parteien gewährt, die die Kosten und Gebühren nicht aufbringen können. Wenn die jeweilige Partei nachweisen kann, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichen, werden die Gerichtsgebühren erlassen oder sogar erlassen, und es wird ein kostenloser Anwalt gestellt.
Die Drittfinanzierung ist zulässig und in der Regel bei höheren Streitwerten (mindestens ca. 50.000 €) möglich, jedoch flexibler bei Honorarvereinbarungen. Honorarvereinbarungen, die dem Anwalt einen Teil des Erlöses zukommen lassen, sind verboten.
Versicherungen
18 Gibt es eine Versicherung, die alle oder einen Teil der Prozesskosten einer Partei abdeckt?
Eine Rechtsschutzversicherung ist in Österreich allgemein verfügbar und kann - je nach individueller Versicherungspolice - eine Vielzahl von Kosten abdecken, die sich aus einem Gerichtsverfahren ergeben, einschließlich der Kosten der Partei und einer möglichen Haftung für die Kosten der Gegenpartei.
Sammelklage
19 Können Prozessparteien mit ähnlichen Ansprüchen eine Art Sammelklage erheben?
Obwohl die österreichische Zivilprozessordnung keine Bestimmung über Sammelklagen enthält, hat der österreichische Oberste Gerichtshof entschieden, dass eine "Sammelklage mit spezifisch österreichischem Charakter" rechtlich zulässig ist. Die österreichische Zivilprozessordnung lässt eine Konsolidierung von Ansprüchen desselben Klägers gegen denselben Beklagten zu.
Eine Verbindung kann eingereicht werden, wenn: das Gericht für alle Ansprüche zuständig ist, die gleiche Verfahrensart gilt oder der Gegenstand in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gleichartig ist. Eine andere Möglichkeit besteht darin, Massenansprüche zu organisieren und an einen Träger abzutreten, der dann als ein einziger Kläger vorgeht.
Berufung
20 Aus welchen Gründen und unter welchen Umständen können die Parteien Berufung einlegen?
Gibt es ein Recht auf weitere Berufung?Es gibt ordentliche Berufungen gegen das Urteil eines Prozessgerichts und Berufungen gegen das Urteil eines Berufungsgerichts. Auch prozessuale Gerichtsbeschlüsse können angefochten werden; das Verfahren folgt im Prinzip den gleichen Regeln wie bei der Berufung (ist aber etwas weniger formlos).
Eine Berufung gegen ein Urteil hebt dessen Rechtskraft und - mit wenigen Ausnahmen - dessen Vollstreckbarkeit auf. Neue Behauptungen, Ansprüche, Einreden und Beweise dürfen in der Regel nicht vorgebracht werden (sie werden nicht berücksichtigt). Andere Rechtsbehelfe sind Nichtigkeitsklagen oder Klagen auf Wiederaufnahme des Verfahrens.1 Eine Berufung kann aus vier Hauptgründen eingelegt werden:
- Verfahrensfehler;
- ungerechtfertigter Ausschluss von Beweismitteln;
- unrichtige Angabe von Tatsachen; und
- fehlerhafte Anwendung des Gesetzes.
Nach einer Berufung kann das Berufungsgericht das Urteil aufheben und die Sache an das Gericht der ersten Instanz zurückverweisen, oder es kann das Urteil abändern oder bestätigen.
Schließlich kann der Oberste Gerichtshof nur dann angerufen werden, wenn es sich um die Lösung einer Rechtsfrage von allgemeinem Interesse handelt, d.h. wenn ihre Klärung im Sinne der Rechtseinheitlichkeit, der Vorhersehbarkeit oder der Rechtsentwicklung wichtig ist oder wenn es keine kohärenten und früheren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs gibt.
Ausländische Urteile
21 Welche Verfahren gibt es für die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Urteilen?
Neben den zahlreichen bilateralen und multilateralen Verträgen, die Österreich abgeschlossen hat, regeln das österreichische Vollstreckungsgesetz, die österreichische Zivilprozessordnung und das österreichische Gerichtsbarkeitsgesetz die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile. Im Falle eines Konflikts zwischen gesetzlichen Bestimmungen und anwendbaren vertraglichen Bestimmungen gehen letztere vor. Die österreichische Rechtsprechung ist zwar nicht bindend, wird aber sorgfältig berücksichtigt.
Österreich ist Unterzeichner zahlreicher bi- und multilateraler Verordnungen. Die wichtigste in diesem Zusammenhang ist die Brüssel Ia-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung)). Die Brüssel-Ia-Verordnung legt einheitliche Regeln zur Erleichterung des freien Verkehrs von Entscheidungen in der Europäischen Union fest und gilt für Gerichtsverfahren, die am oder nach dem 10. Januar 2015 eingeleitet werden.
Die Brüssel-Ia-Verordnung ersetzt die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 22. Dezember 2000 (die Brüssel-I-Verordnung, zusammen mit der Brüssel-Ia-Verordnung, "die Brüsseler Regelung"), die auf alle vor dem 10. Januar 2015 eingeleiteten Gerichtsverfahren anwendbar bleibt.
Zu den grundlegenden Anforderungen für die Durchsetzbarkeit gehören die folgenden:
- der Schiedsspruch ist im Staat des Erlasses des Urteils vollstreckbar;
- ein völkerrechtlicher Vertrag oder eine innerstaatliche Regelung die Gegenseitigkeit zwischen Österreich und dem Ausstellungsstaat bei der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen ausdrücklich vorsieht;
- das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten ordnungsgemäß zugestellt wurde;
- das zu vollstreckende Urteil mit einer beglaubigten Umschrift vorgelegt wird; und
- es keine Gründe gibt, die Anerkennung der Vollstreckbarkeit zu verweigern.
Eine Partei, die die Vollstreckung betreiben will, muss bei dem jeweiligen Gericht die Vollstreckbarerklärung beantragen. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung muss bei dem Gericht des Ortes gestellt werden, an dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat. Die Partei kann diesen Antrag mit einem Antrag auf Vollstreckungserlaubnis verbinden. In einem solchen Fall entscheidet das Gericht über beide gleichzeitig. Ist ein ausländisches Urteil in Österreich für vollstreckbar erklärt worden, erfolgt die Vollstreckung nach den gleichen Regeln wie bei einem inländischen Urteil, d.h. die Vollstreckung von Urteilen wird durch das österreichische Vollstreckungsgesetz geregelt.
Ausländische Verfahren
22 Gibt es Verfahren zur Erlangung von mündlichen oder urkundlichen Beweisen zur Verwendung in Zivilverfahren in anderen Gerichtsbarkeiten?
In der Europäischen Union ist das Verfahren zur Erlangung von mündlichen oder urkundlichen Beweisen aus anderen Rechtsordnungen durch die Beweisverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen) geregelt. Die Verordnung gilt dabei sowohl für mündliche als auch für schriftliche Beweise und sieht vor, dass Rechtshilfeersuchen direkt zwischen den Gerichten übermittelt werden können. Für Rechtshilfeersuchen außerhalb der Europäischen Union können bilaterale Verträge gelten.
SCHIEDSVERFAHREN
UNCITRAL-Modellgesetz
23 Basiert das Schiedsgerichtsgesetz auf dem UNCITRAL-Modellgesetz?
Ja - das österreichische Schiedsverfahrensrecht (enthalten in der österreichischen Zivilprozessordnung (ZPO)) spiegelt im Wesentlichen das UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration wider, wobei dem Schiedsgericht ein hohes Maß an Unabhängigkeit und Autonomie eingeräumt wird. Anders als das UNCITRAL-Modellgesetz unterscheidet das österreichische Recht weder zwischen inländischen und internationalen Schiedsverfahren noch zwischen kommerziellen und nicht-kommerziellen Schiedsverfahren. Für Arbeits- und Verbrauchersachen gelten daher besondere Bestimmungen (diese finden sich in den §§ 618 bzw. 617 ZPO).
Ganz allgemein ist das österreichische Schiedsverfahrensrecht in den §§ 577 bis 618 ZPO geregelt. Sie geben den allgemeinen Rahmen für Schiedsverfahren vor, sowohl für inländische als auch für internationale Schiedsverfahren.
Vereinbarungen zur Schiedsgerichtsbarkeit
24 Was sind die formalen Voraussetzungen für eine durchsetzbare Schiedsvereinbarung?
Die Schiedsvereinbarung bedarf der Schriftform (§ 581 ZPO). Die Formvorschriften für eine durchsetzbare Schiedsvereinbarung finden sich in den §§ 581 bis 585 ZPO. Eine Schiedsvereinbarung muss:
- die Parteien ausreichend spezifizieren (sie müssen zumindest bestimmbar sein);
- den Streitgegenstand in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis hinreichend konkretisieren (dieser muss zumindest bestimmbar sein und kann auf bestimmte Streitigkeiten beschränkt werden oder alle Streitigkeiten umfassen);
- die Absicht der Parteien, die Streitigkeit durch ein Schiedsverfahren entscheiden zu lassen, ausreichend spezifizieren und damit die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte ausschließen; und
- entweder in einem von den Parteien unterzeichneten schriftlichen Dokument oder in Telefaxen, E-Mails oder anderen zwischen den Parteien ausgetauschten Mitteilungen enthalten sein, die den Beweis für einen Vertrag aufrechterhalten.
- Für Verbraucher und Arbeitnehmer gelten Sonderregelungen (diese finden sich in den §§ 617 bzw. 618 ZPO).
Wahl des Schiedsrichters
25 Wenn die Schiedsvereinbarung und etwaige einschlägige Regeln dazu schweigen, wie viele Schiedsrichter werden dann ernannt und wie werden sie ernannt? Gibt es Einschränkungen des Rechts, die Ernennung eines Schiedsrichters anzufechten?
Die ZPO sieht für die Bestellung von Schiedsrichtern eine Standardregelung vor. Wenn die Schiedsvereinbarung dazu schweigt und keine Vereinbarung der Parteien vorliegt, sieht das österreichische Schiedsverfahrensrecht ein aus drei Schiedsrichtern bestehendes Gericht vor (§ 586 Abs. 2 ZPO).
Den Parteien steht es frei, das Verfahren zur Ablehnung der Bestellung eines Schiedsrichters zu vereinbaren (§ 589 ZPO). Dabei kann ein Schiedsrichter nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit begründen, oder wenn er nicht die von den Parteien vereinbarte Qualifikation besitzt. Eine Partei kann einen von ihr ernannten Schiedsrichter oder einen Schiedsrichter, an dessen Ernennung sie mitgewirkt hat, nur aus Gründen ablehnen, die ihr nach der Ernennung oder nach ihrer Mitwirkung an der Ernennung bekannt werden.
Optionen des Schiedsrichters
26 Welche Möglichkeiten gibt es bei der Auswahl eines Schiedsrichters oder von Schiedsrichtern?
Unabhängig davon, ob sie von einer Ernennungsbehörde oder von den Parteien benannt werden, kann von den Schiedsrichtern verlangt werden, dass sie über eine bestimmte Erfahrung und einen bestimmten Hintergrund in Bezug auf die vorliegende Streitigkeit verfügen. Solche Anforderungen können berufliche Qualifikationen in einem bestimmten Bereich, juristische Kenntnisse, technisches Fachwissen, Sprachkenntnisse oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nationalität umfassen.
Viele Schiedsrichter sind Rechtsanwälte in privater Praxis; andere sind Akademiker. In einigen wenigen Streitfällen, die hauptsächlich technische Fragen betreffen, sind Techniker und Juristen Mitglieder des Gremiums.
Qualifikationsanforderungen können in eine Schiedsvereinbarung aufgenommen werden, was große Sorgfalt erfordert, da dies zu Hindernissen im Bestellungsprozess führen kann (d.h. zu einem Streit darüber, ob die vereinbarten Anforderungen erfüllt sind).
Schiedsgerichtsverfahren
27 Enthält das innerstaatliche Recht materielle Anforderungen an das zu befolgende Verfahren?
Den Parteien steht es frei, innerhalb der Grenzen der zwingenden Bestimmungen der ZPO eine Verfahrensordnung zu vereinbaren (z.B. durch Verweis auf eine spezielle Schiedsgerichtsordnung). Haben die Parteien keine Regeln vereinbart oder keine eigenen Regeln aufgestellt, führt das Schiedsgericht vorbehaltlich der zwingenden Bestimmungen der ZPO das Schiedsverfahren in einer Weise durch, die es für angemessen hält.
Zu den zwingenden Regeln des Schiedsgerichtsverfahrens gehört, dass die Schiedsrichter unparteiisch und unabhängig sein und bleiben müssen. Sie müssen alle Umstände offenlegen, die geeignet sind, Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit zu begründen. Die Parteien haben das Recht, fair und gleichberechtigt behandelt zu werden und ihren Fall darzulegen.
Weitere Formvorschriften betreffen den Schiedsspruch, der schriftlich erfolgen muss, und die Gründe, aus denen ein Schiedsspruch angefochten werden kann. Ferner muss ein Schiedsgericht das von den Parteien gewählte materielle Recht anwenden, andernfalls wendet es das Recht an, das es für angemessen hält.
Gerichtliche Intervention
28 Aus welchen Gründen kann das Gericht während eines Schiedsverfahrens eingreifen?
Österreichische Gerichte dürfen in Schiedssachen nur dann tätig werden, wenn sie nach den §§ 577 bis 618 ZPO ausdrücklich dazu befugt sind. Sowohl das zuständige Gericht als auch ein Schiedsgericht sind für die Erlassung einstweiliger Maßnahmen zur Unterstützung eines Schiedsverfahrens zuständig. Die Parteien können die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für einstweilige Maßnahmen ausschließen, nicht aber die Zuständigkeit des Gerichts für einstweilige Maßnahmen.
Die Vollstreckung von einstweiligen Verfügungen liegt in der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte.
Das Eingreifen der Gerichte beschränkt sich auf den Erlass einstweiliger Maßnahmen, die Unterstützung bei der Bestellung von Schiedsrichtern, die Überprüfung von Ablehnungsentscheidungen, die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung des Mandats eines Schiedsrichters, die Vollstreckung einstweiliger und sichernder Maßnahmen, die gerichtliche Unterstützung bei gerichtlichen Handlungen, zu denen das Schiedsgericht nicht befugt ist, die Entscheidung über einen Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Schiedsspruchs und die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen.
Einstweilige Verfügung
29 Haben Schiedsrichter die Befugnis, einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren?
Ja - ein Schiedsgericht hat weitreichende Befugnisse, auf Antrag einer Partei einstweilige Maßnahmen anzuordnen, wenn es dies zur Sicherung der Durchsetzung eines Anspruchs oder zur Abwendung eines unwiederbringlichen Schadens für erforderlich hält. Im Unterschied zu einstweiligen Maßnahmen, die in Gerichtsverfahren zur Verfügung stehen, ist ein Schiedsgericht nicht auf eine Reihe von aufgezählten Rechtsbehelfen beschränkt. Die Rechtsbehelfe sollten jedoch mit dem Vollstreckungsrecht vereinbar sein, um Schwierigkeiten in der Phase der Vollstreckung zu vermeiden. Diesbezüglich kann das Schiedsgericht von jeder Partei eine angemessene Sicherheitsleistung im Zusammenhang mit solchen Maßnahmen verlangen, um leichtfertige Anträge zu verhindern (§ 593(1) ZPO).
Das Schiedsgericht - oder jede Partei mit Zustimmung des Schiedsgerichts - kann ein Gericht ersuchen, gerichtliche Handlungen (z.B. Zustellung von Ladungen, Beweisaufnahme) vorzunehmen, für die das Schiedsgericht nicht zuständig ist.
Auszeichnung
30 Wann und in welcher Form muss der Schiedsspruch zugestellt werden?
Die Formerfordernisse für Schiedssprüche finden sich in § 606 ZPO und entsprechen den Standardbestimmungen. Die Formvorschriften sehen vor, dass der Schiedsspruch:
- schriftlich zu erfolgen;
- von den am Verfahren beteiligten Schiedsrichtern unterzeichnet;
- das Ausstellungsdatum anzeigen; - den Sitz des Schiedsgerichts anzeigen; und
- die Gründe angeben, auf die er sich stützt. Der Schiedsspruch hat die Wirkung eines rechtskräftigen und verbindlichen Gerichtsurteils (§ 607 ZPO).
Berufung
31 Aus welchen Gründen kann ein Schiedsspruch vor Gericht angefochten werden?
Gegen einen Schiedsspruch kann nur ein Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs bei Gericht gestellt werden. Dies gilt auch für Schiedssprüche über die Zuständigkeit. Die Gerichte können einen Schiedsspruch nicht in der Sache selbst überprüfen. Der Antrag auf Aufhebung ist innerhalb von drei Monaten nach Erhalt des Schiedsspruchs zu stellen. Gegen einen Schiedsspruch gibt es keine Berufung.
Ein Schiedsspruch ist aufzuheben, wenn:
- keine gültige Schiedsvereinbarung besteht oder wenn das Schiedsgericht seine Zuständigkeit verneint hat, obwohl eine gültige Schiedsvereinbarung vorlag;
- wenn eine Partei nicht in der Lage war, eine gültige Schiedsvereinbarung zu treffen;
- wenn eine Partei nicht ordnungsgemäß von der Bestellung eines Schiedsrichters oder dem Schiedsverfahren benachrichtigt wurde oder anderweitig nicht in der Lage war, die Sache vorzutragen;
- wenn der Schiedsspruch eine Streitigkeit behandelt, die von der Schiedsvereinbarung nicht erfasst ist, oder Entscheidungen über Angelegenheiten enthält, die über den Umfang der Schiedsvereinbarung oder der Unterwerfung der Parteien unter das Schiedsverfahren hinausgehen;
- wenn die Bildung oder Zusammensetzung des Schiedsgerichts gegen die jeweiligen Regeln verstoßen hat; und
- wenn das Schiedsverfahren unter Verletzung des österreichischen ordre public durchgeführt wurde.
Darüber hinaus kann ein Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen ein gerichtliches Urteil durch Erhebung einer Revisionsklage nach § 530 Abs. 1 Nr. 1-5 ZPO angefochten werden kann. Diese Vorschrift regelt die Umstände, unter denen strafbare Handlungen zum Erlass eines bestimmten Schiedsspruchs geführt haben. Ein Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs aus diesen Gründen muss innerhalb von vier Wochen nach dem Tag eingereicht werden, an dem das Urteil über die jeweilige Straftat rechtskräftig wurde.
Ein Schiedsspruch kann auch aufgehoben werden, wenn der Streitgegenstand nach innerstaatlichem Recht nicht vertretbar ist.
Vollstreckung
32 Welche Verfahren gibt es für die Vollstreckung von ausländischen und inländischen Schiedssprüchen?
Das Verfahren zur Vollstreckung von Schiedssprüchen ist sowohl in der ZPO (§ 614) als auch im österreichischen Vollstreckungsgesetz (§ 409) geregelt. Ausländische Schiedssprüche sind auf Grund von bi- oder multilateralen Verträgen vollstreckbar, die Österreich ratifiziert hat - die wichtigsten dieser Rechtsinstrumente sind die New Yorker Convention über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958 und das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit von 1961. Das Vollstreckungsverfahren ist in dieser Hinsicht im Wesentlichen dasselbe wie bei ausländischen Urteilen. Inländische Schiedssprüche sind in gleicher Weise vollstreckbar wie inländische Urteile.
Kosten
33 Kann eine obsiegende Partei ihre Kosten erstattet bekommen?
In Bezug auf die Kosten haben die Schiedsgerichte einen größeren Ermessensspielraum und sind im Allgemeinen liberaler als Gerichte. Das Schiedsgericht hat einen Ermessensspielraum bei der Kostenverteilung, muss aber die Umstände des Falles, insbesondere den Ausgang des Verfahrens, berücksichtigen. Als Faustregel gilt, dass die Kosten dem Ereignis folgen und von der unterlegenen Partei getragen werden, aber das Schiedsgericht kann auch zu anderen Ergebnissen kommen, wenn dies nach den Umständen des Falles angemessen ist.
Die ZPO schweigt sich über die Art der Kosten aus, die erstattungsfähig sein können. Soweit die Kosten nicht gegeneinander aufgerechnet werden, muss das Schiedsgericht, soweit möglich, gleichzeitig mit der Entscheidung über die Kostenpflicht auch die Höhe der zu erstattenden Kosten festlegen. In der Regel sind auch Anwaltshonorare erstattungsfähig, die auf der Grundlage von Stundensätzen berechnet werden.
Eine Ausnahme von der obigen Regel findet sich in § 609 Abs. 2 ZPO, der das Schiedsgericht ermächtigt, über die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der Kosten des Verfahrens zu entscheiden, wenn es seine Unzuständigkeit wegen des Fehlens einer Schiedsvereinbarung festgestellt hat
ALTERNATIVE STREITBEILEGUNG
Arten von ADR
34 Welche Arten von ADR-Verfahren werden üblicherweise verwendet? Ist ein bestimmtes ADR-Verfahren beliebt?
Die wichtigsten gesetzlich vorgesehenen außergerichtlichen Methoden sind Schlichtung, Mediation (vor allem in familienrechtlichen Angelegenheiten) und Schlichtungsstellen in Wohnungs- oder Telekommunikationssachen.
Darüber hinaus sehen verschiedene Berufsverbände (Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, Bauingenieure) Streitbeilegungsmechanismen bei Streitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern oder zwischen Mitgliedern und Mandanten vor.Die Mediation ist im Zivilrechts-Mediationsgesetz geregelt. Die mit Hilfe des Mediators erzielte Lösung ist jedoch nicht gerichtlich durchsetzbar.
Voraussetzungen für ADR35Gibt es eine Verpflichtung für die Parteien eines Rechtsstreits oder Schiedsverfahrens, ADR vor oder während des Verfahrens in Betracht zu ziehen? Kann das Gericht die Parteien dazu zwingen, an einem ADR-Verfahren teilzunehmen?
Nein - es gibt keine allgemeinen Vorschriften im österreichischen Recht, die verpflichtende Vergleiche vorsehen oder die Parteien verpflichten, ADR in Betracht zu ziehen, bevor sie ein Schiedsverfahren oder einen Prozess beginnen. Dennoch ist es nicht unüblich, dass Richter - zu Beginn des Prozesses - die Parteien informell dazu ermutigen, Vergleichsoptionen auszuloten oder sich zuerst an Mediatoren zu wenden.
VERSCHIEDENES
Interessante Merkmale
36 Gibt es besonders interessante Merkmale des Streitbeilegungssystems, die in keiner der vorherigen Fragen angesprochen wurden?
Nicht zutreffend.
AKTUALISIERUNGEN UND TRENDS
Jüngste Entwicklungen
37 Gibt es Vorschläge für eine Reform der Streitbeilegung? Wann werden etwaige Reformen in Kraft treten?
Am 1. Januar 2019 sind Änderungen des Vollstreckungsgesetzes in Kraft getreten. Diese Änderungen gewähren nun Zugang zu Daten über anhängige Vollstreckungsverfahren. Anwälte und Notare können Informationen über das Vollstreckungsgericht, das Aktenzeichen und die Höhe der Schuld, die Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist, abrufen. Die Datenbank ist online verfügbar und soll potenziellen Klägern dabei helfen, die Kreditwürdigkeit ihrer potenziellen Antragsgegner zu bewerten, bevor sie ein Gerichts- oder Schiedsverfahren einleiten.
Eine weitere aktuelle Entwicklung ist eine Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofs, die bestätigt, dass die Rechtskraftwirkung eines ausländischen Urteils in allen Phasen eines in Österreich geführten Verfahrens gilt. Dies ist besonders wichtig, da die Entscheidung klarstellt, dass die Wirkung der Rechtskraft auch für anhängige Berufungsverfahren gilt. Der OGH betonte, dass dies für beide Fragen der Rechtskraft gilt, nämlich für die Ausschließlichkeit (ne bis in idem) und die Bindungswirkung ausländischer Urteile. Weiters hat der OGH klargestellt, dass das Novationsverbot im Rechtsmittelverfahren nur für neue Tatsachen und neue Beweismittel gilt und somit das Rechtsmittelgericht nicht daran hindert, die Rechtskraftwirkung einer neuen ausländischen Entscheidung zu prüfen.