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Streitbeilegung Deutschland 2025

Experten-Leitfäden: August 07, 2025


Autoren

Nikita Gorjew

Rechtsstreitigkeiten

Das Gerichtssystem

Wie ist das Zivilgerichtssystem aufgebaut?

Die ordentlichen Gerichte führen in Deutschland Zivilprozesse. Alle ordentlichen Gerichte sind auf Landesebene angesiedelt. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel ist der Bundesgerichtshof als oberstes Gericht (BGH). Das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) regelt die Arbeit der ordentlichen Gerichte. Die Organisationsstruktur unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland nicht wesentlich: Es gibt die Amtsgerichte , die Landgerichte und die Oberlandesgerichte. In Bayern gibt es allerdings auch das Bayerische Oberste Landesgericht, das nach seiner Auflösung im Jahr 2006 im Jahr 2018 neu gegründet wurde. In Zivilsachen ist das wiedererrichtete Bayerische Oberste Landesgericht für die Entscheidung über Rechtsbeschwerden und Sprungrevisionen sowie für Fälle zuständig, die in anderen Bundesländern in die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte fallen würden.

Derzeit gibt es in Deutschland:

  • mehr als 600 Amtsgerichte, die für Bagatellsachen mit einem Streitwert bis zu 5.000 € zuständig sind. Nach § 23 GVG sind die Amtsgerichte zuständig für zivilrechtliche Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über das Bestehen eines solchen Mietverhältnisses, für Streitigkeiten über Wildschäden und für Ansprüche aus einem Leibrenten-, Leibrenten- oder Räumungsvertrag, der mit der Übereignung eines Grundstücks verbunden ist. Die Verfahren vor den Amtsgerichten werden von einem Einzelrichter geführt;
  • 116 Landgerichte (nach der Aufteilung des Landgerichts Berlin in zwei unabhängige Gerichte im Jahr 2024), die für alle zivilrechtlichen Streitigkeiten zuständig sind, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind. Zum Beispiel, wenn der Streitwert 5.000 € übersteigt. Darüber hinaus sind die Landgerichte unabhängig vom Streitwert ausschließlich zuständig für: Klagen gegen die Finanzverwaltung aus dem Beamtenrecht, Klagen gegen Richter und Beamte wegen Überschreitung ihrer Amtsbefugnisse, Klagen wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation, Streitigkeiten über das Bestellrecht eines Kunden und Ansprüche aus dem Gesetz zur Stabilisierung und Umstrukturierung von Unternehmen. Die Landgerichte sind auch für die Berufung gegen Entscheidungen der Amtsgerichte zuständig. Wenn das Verfahrensrecht keine Entscheidung durch einen Einzelrichter vorsieht, bestehen die Zivilkammern der Landgerichte aus drei Mitgliedern, darunter der Vorsitzende Richter;
  • 24 Oberlandesgerichte, die für Streitigkeiten aus Schiedsgerichtsverfahren (§ 1062 ZPO) und kapitalmarktrechtliche Streitigkeiten zuständig sind. Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen auch zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Berufung gegen Entscheidungen der Amtsgerichte in den von den Familiengerichten entschiedenen Angelegenheiten und die Berufung gegen Entscheidungen der Landgerichte.
  • der Bundesgerichtshof mit Sitz in Karlsruhe. In Zivilsachen ist der Bundesgerichtshof für die Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde, der sofortigen Beschwerde anstelle der Rechtsbeschwerde, der Rechtsbeschwerde und der sofortigen Beschwerde anstelle der Rechtsbeschwerde zuständig. Die Senate des Bundesgerichtshofs entscheiden in der Besetzung von fünf Richtern, darunter der Vorsitzende.

Darüber hinaus sind bei den Oberlandesgerichten spezielle Zivilsenate eingerichtet, die sich mit verschiedenen Sachgebieten befassen, wie Bank- und Finanzgeschäfte, Versicherungsverhältnisse, Insolvenz, Medien sowie Bau- und Ingenieurverträge. Beim Bundesgerichtshof werden Zivilsachen ebenfalls nach Rechtsgebieten wie Gesellschaftsrecht, Versicherungsvertragsrecht, Immobilienrecht, Deliktsrecht, Produkthaftung, Arzthaftung, Bau- und Architektenrecht, Kaufrecht, Mietrecht, Insolvenzrecht, Patentrecht usw. auf die Senate verteilt.

Im Jahr 2024 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Stärkung des Gerichtsstandes Deutschland beschlossen, das am 1. April 2025 in Kraft treten wird. Das neue Gesetz ermöglicht es den Bundesländern, spezialisierte Gerichte für Handelssachen in Form von Handelsgerichten und Handelskammern bei den Oberlandesgerichten einzurichten. Die Streitparteien können sich auf die Zuständigkeit eines solchen Handelsgerichts einigen, wenn der zivilrechtliche Streitwert mindestens 500.000 Euro beträgt. Eines der wichtigsten Merkmale dieser Gerichte und Kammern ist, dass die Verfahren in englischer Sprache geführt werden müssen.

In Deutschland wurden bereits mehrere internationale Handelskammern auf der Ebene der Landgerichte eingerichtet:

  • die Kammer für internationale Handelsstreitigkeiten des Landgerichts Frankfurt;
  • die Kammer für internationale Handelsstreitigkeiten beim Landgericht Hamburg;
  • das Handelsgericht Stuttgart (Abteilung des Landgerichts Stuttgart); und
  • das Handelsgericht Mannheim (Abteilung des Landgerichts Mannheim).

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Richter und Schöffen

Welche Rolle spielen der Richter und die Geschworenen in Zivilverfahren?

Die Befähigung zum Richteramt erwirbt nach dem Deutschen Richtergesetz (DRiG), wer das Studium der Rechtswissenschaften an einer Universität mit der ersten juristischen Staatsprüfung abschließt und einen anschließenden Vorbereitungsdienst absolviert; die erste Staatsprüfung besteht aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer Staatsprüfung im Pflichtbereich.

Der Richter kontrolliert den Ablauf eines Zivilprozesses. Zum Beispiel:

  • Nach § 136 ZPO eröffnet der Richter die Verhandlung und leitet deren Verlauf. Der Richter erteilt das Rederecht und kann Personen, die seinen Anordnungen nicht Folge leisten, das Wort verweigern;
  • Nach § 286 ZPO entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen und Überzeugung unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und der Ergebnisse der Beweisaufnahme, ob eine Tatsachenbehauptung wahr oder falsch ist. Das Urteil enthält die Gründe, die zur Überzeugung der Richter geführt haben;
  • gemäß § 278a ZPO kann das Gericht den Parteien vorschlagen, eine Mediation oder ein anderes alternatives Konfliktlösungsverfahren durchzuführen; und
  • gemäß Buch 2 Titel 7 der ZPO kann das Gericht Zeugen vernehmen.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

 

Fragen der Verjährung

Welche Fristen gelten für die Erhebung von Zivilklagen?

Die Anwendung der Verjährungsfristen im deutschen Recht ist eine Frage des materiellen Rechts. Nach der allgemeinen Regel des § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beträgt die Regelverjährungsfrist drei Jahre.

Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück und auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Gegenstands eines solchen Rechts sowie Ansprüche auf Gegenleistungen verjähren jedoch in 10 Jahren.

Darüber hinaus verjähren einige Arten von Ansprüchen in 30 Jahren. Dazu gehören Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Verletzung des Lebens, rechtskräftig festgestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden, Ansprüche, die durch Anerkennung im Insolvenzverfahren vollstreckbar geworden sind, usw.

Die Verjährung kann unterbrochen werden, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über die Forderung oder die Umstände, die die Forderung begründen, geführt werden, bis eine Partei die Fortsetzung der Gespräche verweigert. Der Anspruch verjährt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung. Die Verjährung kann durch ein in § 204 BGB genanntes Gerichtsverfahren gehemmt werden. Die Parteien können eine Verlängerung der Verjährungsfrist vereinbaren, die jedoch 30 Jahre nicht überschreiten darf.

Gesetzentwurf - 23. Mai 2025

Vorprozessuales Verhalten

Gibt es vorprozessuale Erwägungen, die die Parteien berücksichtigen sollten?

Das deutsche Recht schreibt keine vorprozessuale Offenlegung von Informationen oder Beweismitteln vor. Dennoch können die Parteien vor Einleitung eines Verfahrens vorprozessuale Schritte, wie z. B. Mediation oder Schlichtung, vereinbaren und im Vertrag als mehrstufige Streitbeilegungsklausel verankern. Grundsätzlich sollte sich der Kläger vor der Klageerhebung mit dem Beklagten in Verbindung setzen; andernfalls hat der Kläger nach § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn der Beklagte die Klage nicht unverzüglich anerkennt, sofern der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Einleitung des Verfahrens

Wie wird ein Zivilverfahren eingeleitet? Wie und wann werden die Verfahrensbeteiligten von der Einleitung des Verfahrens unterrichtet? Sind die Gerichte in der Lage, die anfallenden Verfahren zu bearbeiten? Erheben die Gerichte eine Gebühr für die Einleitung eines Verfahrens oder den Erlass einer Klage?

Ein Gerichtsverfahren wird durch Einreichung einer Klageschrift bei Gericht eingeleitet. Die Klageschrift muss die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, genaue Angaben zum Streitgegenstand, die Gründe für die Klageeinreichung und einen genau bezeichneten Antrag enthalten. Darüber hinaus sollte die Klageschrift Informationen über frühere Versuche zur alternativen Streitbeilegung (falls vorhanden) enthalten und angeben, ob es Gründe gibt, die der Durchführung eines solchen Verfahrens entgegenstehen. In der Klageschrift ist anzugeben, ob Gründe dagegen sprechen, dass die Angelegenheit von einem Einzelrichter entschieden wird. Ab dem 1. Januar 2022 sind Rechtsanwälte und Behörden verpflichtet, Schriftsätze ausschließlich als elektronische Dokumente einzureichen, es sei denn, dies ist aus technischen Gründen nicht möglich, § 130d ZPO.

Gleichzeitig mit der Einreichung einer Klageschrift hat der Kläger die Gerichtsgebühr nach den Vorschriften des Gerichtsgebührengesetzes zu entrichten.

Für die Zustellung von Schriftstücken innerhalb der Europäischen Union gilt die Verordnung (EU) 2020/1784 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedsstaaten. Für die Zustellung von Schriftstücken an Parteien aus Nicht-EU-Ländern können die Bestimmungen des Haager Zivilprozessübereinkommens vom 1. März 1954, des Haager Zustellungsübereinkommens vom 15. November 1965 oder eines der bilateralen Abkommen, die Deutschland ratifiziert hat, angewendet werden.

Erklärtes Gesetz - 23. Mai 2025

Zeitplan

Wie ist der typische Ablauf und Zeitplan für eine Zivilklage?

Es gibt keinen einheitlichen Zeitplan für Zivilverfahren nach der ZPO. Die Dauer eines jeden Verfahrens hängt von der anhängigen Frage, der Komplexität und dem Umfang des Rechtsstreits ab. Dennoch sollte das Gericht den Streitfall zügig und ohne unnötige Verzögerungen beilegen.

Einige Bestimmungen der ZPO enthalten einen verbindlichen Zeitplan:

  • Nach § 274 Abs. 3 ZPO muss zwischen dem Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift und dem Termin zur mündlichen Verhandlung eine Frist von mindestens zwei Wochen liegen (Ladungsfrist). Sollen die Schriftstücke im Ausland zugestellt werden, bestimmt der vorsitzende Richter bei der Anberaumung des Verhandlungstermins die Frist für das Erscheinen.
  • Nach § 277 Abs. 3 ZPO beträgt die Frist für die Einreichung einer schriftlichen Verteidigungsanzeige mindestens zwei Wochen. Das Gericht kann die Fristen nach eigenem Ermessen verlängern.
  • Gemäß § 315 Abs. 2 ZPO ist ein in der mündlichen Verhandlung verkündetes Urteil, mit dem das Verfahren für beendet erklärt wird, vor Ablauf von drei Wochen, gerechnet von der Verkündung des Urteils an, als vollständig abgefasstes Schriftstück der Geschäftsstelle des Gerichts zuzuleiten.

In der Regel eröffnet der Richter die mündliche Verhandlung mit einer Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien und erörtert mit ihnen die Möglichkeiten einer gütlichen Streitbeilegung. Kommt eine gütliche Einigung nicht zustande, führt der Richter die mündliche Verhandlung durch, in der er sich vor allem auf die Kernfragen des Falles konzentriert. Der Richter verkündet das Urteil, wenn keine neuen Beweise und Fragen erörtert werden müssen. Das Urteil wird in der Verhandlung verkündet, in der das Gerichtsverfahren für beendet erklärt wird, oder in einer sofort anberaumten Verhandlung. Das Urteil kann nur aus schwerwiegenden Gründen, die sich aus dem Umfang oder der Komplexität des Rechtsstreits ergeben, später als drei Wochen nach der letzten Verhandlung verkündet werden.

Die durchschnittliche Dauer von Zivilverfahren vor den Landgerichten als erste Instanz beträgt etwa 13 Monate. Im Vergleich dazu beträgt die durchschnittliche Dauer von Zivilverfahren vor den Landgerichten in zweiter Instanz etwa 22 Monate, vor den Oberlandesgerichten in zweiter Instanz sogar bis zu 27 Monate.

Erklärtes Gesetz - 23. Mai 2025

Anfechtung der Zuständigkeit des Gerichts

Können die Parteien die Zuständigkeit des Gerichts anfechten? Wenn ja, wie können die Parteien dies tun? Können die Parteien eine Einstweilige Verfügung beantragen und wenn ja, unter welchen Umständen?

Die Partei, die davon ausgeht, dass das Gericht für die Entscheidung des Rechtsstreits unzuständig ist, sollte so schnell wie möglich Einspruch gegen die Unzuständigkeit des Gerichts erheben, bevor sie sich zur Begründetheit des Rechtsstreits äußert. Erhebt die Partei diesen Einwand nicht, so wird die Zuständigkeit des Gerichts dadurch vermutet, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zur Sache erscheint und die Unzuständigkeit des Gerichts nicht gemäß § 39 ZPO rügt.

Stellt das Gericht zudem fest, dass ein anderes Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist, würde sich das ursprünglich angerufene Gericht auf entsprechenden Antrag des Klägers für unzuständig erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht verweisen.

Historisch gesehen ist es in Deutschland ziemlich unmöglich, eine einstweilige Verfügung gegen eine Klage zu erwirken. Dennoch wurde vor einigen Jahren vom OLG München in der Entscheidung vom 12. Dezember 2019, Az. 6 U 5042/19, die sogenannte Anti-Urteilsklage bestätigt, die es einer Partei unmöglich macht, eine Anti-Urteilsklage in einer anderen Gerichtsbarkeit zu erheben.

Recht erklärt - 23. Mai 2025

Prozessführung

Können die Parteien das Verfahren und den Zeitplan kontrollieren? Können sie Fristen verlängern?

Nach deutschem Recht steht es den Parteien nicht frei, das Verfahren und den Zeitplan in Zivilprozessen zu kontrollieren und festzulegen. Die Parteien können jedoch beantragen, die Fristen für die Einreichung von Unterlagen zu verlängern und die Verhandlung zu verschieben, wenn dies erforderlich ist. In der Regel gewährt das Gericht eine solche Fristverlängerung oder Vertagung, allerdings nur selten und höchstens einmal.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Beweismittel - Dokumente

Besteht eine Pflicht zur Aufbewahrung von Schriftstücken und anderen Beweismitteln bis zur Verhandlung? Müssen die Parteien relevante Dokumente (auch solche, die für ihren Fall nicht hilfreich sind) teilen?

Generell gilt, dass jede Partei Beweise vorlegen muss, um ihren Standpunkt in der Streitigkeit zu belegen. Das Gericht kann jedoch eine der Parteien oder einen Dritten anweisen, Unterlagen oder Dokumente sowie sonstiges Material vorzulegen, das sich in seinem Besitz befindet und auf das eine der Parteien Bezug genommen hat. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen und anordnen, dass die Urkunden oder Akten für eine bestimmte, vom Gericht gemäß § 142 ZPO festgelegte Zeit bei der Geschäftsstelle verbleiben. Ebenso kann das Gericht die Parteien des Rechtsstreits anweisen, die in ihrem Besitz befindlichen Akten vorzulegen, soweit es sich um Schriftstücke handelt, die die Verhandlung in der Sache und die Entscheidung des Gerichts nach § 143 ZPO betreffen.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Beweismittel - Privileg

Sind irgendwelche Dokumente privilegiert? Wäre der Rat eines internen Anwalts (ob inländisch oder ausländisch) ebenfalls privilegiert?

Da es keine Verpflichtung zur Vorlage von Dokumenten gibt, existiert das Privileg von Dokumenten als Konzept im deutschen Recht nicht. Nach § 383 Abs. 1 ZPO können Rechtsanwälte, die als Beistand tätig sind, jedoch die Aussage als Zeuge über vertrauliche Informationen ihrer Mandanten verweigern. Dieses Zeugnisverweigerungsrecht gilt auch für Syndikusanwälte in Zivilverfahren. Ausländische Rechtsanwälte, die bei der deutschen Anwaltskammer zugelassen sind, werden in Fragen des Zeugnisverweigerungsrechts anerkannt.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Beweismittel - vorprozessual

Tauschen die Parteien vor der Verhandlung schriftliche Beweise von Zeugen und Sachverständigen aus?

Nein.

Gesetzlich festgelegt - 23. Mai 2025

Beweismittel - Verhandlung

Wie werden die Beweise in der Verhandlung vorgelegt? Sollen Zeugen und Sachverständige mündlich aussagen?

Die Beweisaufnahme findet vor dem Gericht statt, das den Fall verhandelt. In der Regel setzt das Gericht durch Gerichtsbeschluss eine Frist fest, innerhalb derer die Parteien Beweise vorlegen müssen. Ist die Frist erfolglos verstrichen, können die Beweise nur dann verwertet werden, wenn das Gericht nach eigenem Ermessen entscheidet, dass die Verwertung der Beweise das Verfahren nicht verzögert. Es gibt mehrere Möglichkeiten, Beweise zu erbringen: durch Sachverständige, durch Unterlagen und Dokumente, durch Vernehmung einer Partei, durch Zeugen und durch Augenschein.

Bei der Zulassung von Beweisen prüft das Gericht in der Regel bestimmte Aspekte:

  • Tatsachen, die allgemein bekannt sind, müssen nicht durch Beweise untermauert werden;
  • Relevanz der Beweise für den jeweiligen Streitfall;
  • Tatsachen, die durch Beweise bewiesen werden können, sind zwischen den Parteien umstritten; und
  • die Notwendigkeit von Beweisen wird mit ausreichender Sicherheit dargelegt (deutsche Gerichte neigen dazu, "fishing expeditions" zu verbieten).

In der Regel sollten Zeugen mündlich vernommen werden. Bei der Zeugenvernehmung werden die Zeugen namentlich benannt und die Tatsachen bezeichnet, zu denen sie vernommen werden sollen. Der Richter führt die Vernehmung der Zeugen durch. Für den Sachverständigenbeweis gelten die Vorschriften für den Zeugenbeweis sinngemäß. Das Gericht wählt die beteiligten Sachverständigen aus und bestimmt ihre Zahl. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. Es kann anstelle des ersten Sachverständigen weitere Sachverständige bestellen. In den meisten Fällen erstellt der Sachverständige ein schriftliches Gutachten, und das Gericht setzt dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er sein unterzeichnetes Gutachten abgibt. Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich nach dem Gesetz über die Vergütung und Entschädigung von Richtern.

Erklärtes Gesetz - 23. Mai 2025

Vorläufige Rechtsbehelfe

Welche Möglichkeiten des vorläufigen Rechtsschutzes gibt es?

Nach den Bestimmungen der ZPO gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten des vorläufigen Rechtsschutzes: den Anspruch auf Beschlagnahme und die einstweilige Verfügung.

Beschlagnahme

Die Pfändung ist ein Rechtsbehelf zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in bewegliches oder unbewegliches Vermögen wegen einer Geldforderung oder einer Forderung, die sich zu einer Geldforderung entwickeln kann. Die Pfändung ist ein Rechtsbehelf, der immer dann zur Verfügung steht, wenn die berechtigte Sorge besteht, dass die Vollstreckung des Urteils ohne einen vorgerichtlichen Pfändungstitel vereitelt oder erheblich erschwert werden würde. Die Entscheidung über den Pfändungsantrag ergeht als Endurteil, wenn die Angelegenheit in einer mündlichen Verhandlung behandelt wird, und in allen anderen Fällen durch einen Gerichtsbeschluss. Der Antragsgegner kann gegen die gerichtliche Anordnung der Beschlagnahme Einspruch einlegen. In seinem Einspruch muss der Antragsteller die Gründe darlegen, die für die Aufhebung der Beschlagnahme sprechen. Das Gericht setzt von Amts wegen einen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Durch die Einlegung eines Widerspruchs wird die Vollstreckung der Beschlagnahme nicht ausgesetzt.

Einstweilige Verfügungen

In der Zwischenzeit sind einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand ein möglicher Rechtsbehelf, da befürchtet wird, dass eine Änderung des Status quo die Verwirklichung des einer Partei zustehenden Rechts vereiteln oder erheblich erschweren könnte. Die Unterlassungsverfügung kann in einer vorübergehenden Entziehung von Vermögenswerten (Sequestration) bestehen, aber auch darin, dass dem Gegner eine Maßnahme auferlegt oder untersagt wird, insbesondere indem ihm die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks, eines eingetragenen oder im Bau befindlichen Schiffes untersagt wird. Das Gericht bestimmt nach eigenem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich sind.

Darüber hinaus können die Parteien innerhalb der EU-Mitgliedstaaten den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung als vorläufigen Rechtsbehelf nutzen, um Gelder auf einem Bankkonto des Schuldners in einem anderen EU-Mitgliedstaat gemäß der Verordnung (EU) 655/2014 vom 15. Mai 2014 einzufrieren.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Rechtsbehelfe

Welche materiellen Rechtsbehelfe sind möglich?

Die folgenden Arten von materiellen Rechtsbehelfen sind nach deutschem Recht möglich:

  • Anspruch auf konkrete Erfüllung einer Verpflichtung;
  • Anspruch auf Schadensersatz;
  • Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung;
  • Vindikationsanspruch; und
  • Rücktritt vom Vertrag, usw.

Das deutsche Recht kennt den Begriff des Strafschadensersatzes nicht.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Beilegung

Gibt es Regeln für das Vergleichsverfahren? Können die Parteien Vergleichsgespräche gegenüber dem Gericht vertraulich behandeln?

Zunächst einmal soll das Gericht gemäß § 278 ZPO unter allen Umständen des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits zwischen den Parteien hinwirken. Zu diesem Zweck ist der Verhandlung eine Güteverhandlung voranzustellen, es sei denn, es wurden bereits Bemühungen um eine Einigung vor einer alternativen Streitbeilegungsstelle unternommen oder die Güteverhandlung ist offensichtlich aussichtslos. In der Güteverhandlung soll das Gericht mit den Parteien die Umstände und den Sachverhalt sowie den bisherigen Stand des Rechtsstreits erörtern, alle Umstände uneingeschränkt würdigen und gegebenenfalls Fragen stellen.

Die Parteien können die Angelegenheit auch vor dem Gericht regeln, indem sie einen schriftlichen Vorschlag einreichen. Das Gericht stellt in einem entsprechenden Beschluss fest, dass der Vergleich zustande gekommen ist.

Darüber hinaus kann das Gericht den Parteien vorschlagen, eine Mediation oder ein anderes alternatives Streitbeilegungsverfahren durchzuführen. Entscheiden sich die Parteien für eine Schlichtung oder ein anderes alternatives Streitbeilegungsverfahren, ordnet das Gericht die Aussetzung des Verfahrens an.

Erklärtes Gesetz - 23. Mai 2025

Vollstreckung

Welche Möglichkeiten der Vollstreckung gibt es?

Für die Vollstreckung eines Urteils nach der ZPO gelten unterschiedliche Voraussetzungen. Zunächst kann die Zwangsvollstreckung aus rechtskräftig gewordenen oder für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteilen betrieben werden. Für die Vollstreckung des Geldurteils ist eine Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit nach § 724 ZPO erforderlich.

Der gerichtlich bestellte Vollstreckungsbeamte (Gerichtsvollzieher) sorgt für die zügige, vollständige und kostengünstige Beitreibung von Geldforderungen. Außerdem können Feststellungsurteile nicht nach der ZPO vollstreckt werden.

Wenn der Gläubiger eine Forderung aus beweglichem Vermögen vollstrecken will, kann der Gerichtsvollzieher das bewegliche Vermögen des Schuldners pfänden und verkaufen und das Geld an den Gläubiger überweisen. Die Vollstreckung in unbewegliches Vermögen (z. B. Immobilien) erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung. Der erste Schritt besteht darin, beim Grundbuchamt, in dem sich die Immobilie des Schuldners befindet, die Eintragung einer Sicherungshypothek auf den Namen des Gläubigers im Grundbuch zu beantragen. Nach der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek im Grundbuch kann der Gläubiger eine Zwangsversteigerung beantragen. Wenn die Vollstreckungsmaßnahmen zu keinem Ergebnis führen, kann der Gläubiger außerdem ein Insolvenzverfahren gegen den Schuldner einleiten.

In der Regel werden Vollstreckungsverfahren in Deutschland zügig durchgeführt und die Kosten für die Vollstreckung sind nicht hoch.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

 

Öffentlicher Zugang

Werden Gerichtsverhandlungen öffentlich abgehalten? Sind Gerichtsdokumente für die Öffentlichkeit zugänglich? Gibt es Umstände, unter denen Anhörungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten werden können? Gibt es ein Verfahren zur Aufbewahrung von Dokumenten, die im Rahmen des Gerichtsverfahrens offengelegt werden?

Gerichtsverhandlungen sind in Deutschland öffentlich. Nach § 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes ist die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht, einschließlich der Verkündung von Urteilen und Beschlüssen, öffentlich. Ton- und Fernseh- oder Rundfunkaufnahmen, die zur öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts bestimmt sind, sind unzulässig. Audioübertragungen an einen Arbeitsplatz für Personen, die für die Presse, den Rundfunk, das Fernsehen oder andere Medien berichten, können vom Gericht zugelassen werden. Tonübertragungen können zum Schutz der berechtigten Interessen der Parteien oder Dritter oder zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs untersagt werden.

Verfahren, Erörterungen und Anhörungen in Familiensachen und außergerichtlichen Streitigkeiten dürfen jedoch nicht öffentlich gemacht werden. Das Gericht kann die Öffentlichkeit zulassen, jedoch nicht gegen den Willen eines Teilnehmers.

Darüber hinaus kann das Gericht gemäß § 19 des Gesetzes über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen den Zugang zu den von den Parteien oder Dritten eingereichten oder vorgelegten Unterlagen, die Geschäftsgeheimnisse enthalten können, oder zur Verhandlung, in der Geschäftsgeheimnisse offenbart werden könnten, sowie zur Aufzeichnung oder zum Protokoll der Verhandlung ganz oder teilweise auf eine bestimmte Anzahl zuverlässiger Personen beschränken, um Geschäftsgeheimnisse zu schützen.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Kosten

Ist das Gericht befugt, die Kosten aufzuerlegen? Gibt es Maßnahmen, die eine Partei ergreifen kann, um ihre Kostenposition sowohl vor Beginn des Verfahrens als auch während des laufenden Verfahrens zu schützen?

In deutschen Zivilprozessen gibt es zwei Arten von Kosten: Gerichtsgebühren und Anwaltskosten. Die Gerichtsgebühren sind im deutschen Gerichtskostengesetz geregelt, die Anwaltsgebühren im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Im deutschen Recht gilt der Grundsatz "Kosten folgen dem Ereignis", was bedeutet, dass die unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. In Fällen, in denen jede Partei mit einem Teil ihrer Forderung obsiegt hat, werden die Kosten anteilig geteilt. Das Gericht kann einer Partei die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegen, wenn der von der anderen Partei geforderte Betrag relativ gering war oder nur zu geringfügig höheren Kosten geführt hat. Außerdem sind die Kosten eines erfolglosen Rechtsbehelfs von der Partei zu tragen, die den Rechtsbehelf eingelegt hat.

Antragsteller aus EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Staaten sollten in der Regel keine Sicherheit für die Verfahrenskosten leisten. Sofern in multilateralen oder bilateralen internationalen Verträgen nichts anderes vorgesehen ist, wird das Gericht in Fällen, in denen der Kläger außerhalb der EU-Mitgliedstaaten oder der EWR-Staaten wohnt, eine Kostensicherheit anordnen. Das Gericht setzt die Höhe der Sicherheit nach eigenem Ermessen fest. In diesem Zusammenhang werden die Kosten, die dem Antragsgegner entstehen, wenn er Gegenklage erhebt, nicht berücksichtigt. Schließlich sollte das Gericht eine Frist festlegen, innerhalb derer die Sicherheit geleistet werden muss. Das Gericht könnte die Klage zurücknehmen, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet wird.

So hat der BGH in der Entscheidung X ZR 54/19 vom 1. März 2021 die Auffassung vertreten, dass britische Kläger auch in deutschen Verfahren nach § 110 ZPO in Post-Brexit-Streitigkeiten eine Kostensicherheit leisten sollten.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Modalitäten der Finanzierung

Können Parteien "no win, no fee"-Vereinbarungen oder andere Arten von Vereinbarungen über Erfolgshonorare oder bedingte Honorare zwischen Anwälten und ihren Mandanten treffen? Dürfen Parteien ein Verfahren mit Hilfe von Drittmitteln anstrengen? Wenn ja, darf der Dritte einen Anteil an den Erträgen aus der Klage erhalten? Darf eine Prozesspartei ihr Risiko mit einer dritten Partei teilen?

Erfolgshonorare sind in Deutschland generell verboten. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch im Jahr 2006 festgestellt, dass ein solches Verbot von Erfolgshonoraren mit der Berufsfreiheit unvereinbar und damit verfassungswidrig ist. Als Reaktion auf dieses Urteil wurde § 49 Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) geändert und erklärt, dass Vereinbarungen, nach denen die Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg des Rechtsanwalts abhängig gemacht wird oder nach denen ein Rechtsanwalt einen Teil des beigetriebenen Betrages erhält (Erfolgshonorar), unzulässig sind, soweit das RVG nichts anderes bestimmt.

Nach § 4a des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes wiederum darf eine quota litis (eine Vereinbarung, bei der eine Partei, die eine Forderung einzutreiben hat, mit einer anderen Partei vereinbart, einen Teil des Betrages abzugeben, um seine Dienste zur Eintreibung des Restbetrages in Anspruch zu nehmen) nur dann vereinbart werden, wenn sie sich auf eine Geldforderung von höchstens 2.000 € bezieht, eine außergerichtliche Inkassodienstleistung erbracht wird oder der Mandant bei vernünftiger Betrachtung davon abgehalten würde, ohne die Vereinbarung einer quota litis in einer bestimmten Sache den Rechtsweg zu beschreiten.

Darüber hinaus hat der Bundestag im August 2021 das sogenannte Legal-Tech-Gesetz (Gesetz zur Förderung verbraucherorientierter Angebote auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt) verabschiedet, das am 1. Oktober 2021 in Kraft tritt. Im Mittelpunkt des Legal-Tech-Gesetzes steht die Regulierung der Dienstleistungen von Legal-Tech-Unternehmen, die sich auf die massenhafte Durchsetzung von Einzelansprüchen auf dem Verbrauchermarkt spezialisiert haben. In der oben erwähnten Verordnung wird auch ausdrücklich festgestellt, dass Inkassoanbieter mit Prozessfinanzierern zusammenarbeiten können und dass das Bestehen mehrerer Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Prozessfinanzierung keinen Interessenkonflikt schafft und solche Rechtsdienstleistungen nicht verbietet.

Nach § 49b Abs. 3 BRAO ist die Zahlung oder Annahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile als Gegenleistung für die Vermittlung von Fällen, gleichgültig, ob dies im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder einem Dritten gleich welcher Art geschieht, nicht zulässig. Arbeiten mehrere Rechtsanwälte an einer Rechtssache, so können sie diese gemeinsam bearbeiten und die Gebühren untereinander in einem angemessenen Verhältnis zu den von ihnen jeweils erbrachten Leistungen und der von ihnen jeweils getragenen Verantwortung und Haftung aufteilen.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Versicherung

Gibt es eine Versicherung, die die Prozesskosten einer Partei ganz oder teilweise übernimmt?

Die Rechtsschutzversicherung wird durch das Versicherungsvertragsgesetz 2008 (VVG) geregelt. Nach § 125 VVG haftet der Versicherer bei der Rechtsschutzversicherung in dem Umfang, der zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person nach dem Vertrag erforderlich ist. In der Praxis ist die Rechtsschutzversicherung in Deutschland verfügbar, wird aber in erster Linie für Verbraucherstreitigkeiten genutzt und hat sich in komplexen Wirtschaftsstreitigkeiten noch nicht durchgesetzt.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Sammelklage

Dürfen Kläger mit ähnlichen Ansprüchen eine Sammelklage einreichen? Unter welchen Umständen ist dies zulässig?

Sammelklagen haben im deutschen Recht eine komplizierte Geschichte. Im Allgemeinen gehörten Sammelklagen nicht zu den zentralen Themen des deutschen Prozessrechts. Im Jahr 2018 wurde jedoch als Reaktion auf den "Volkswagen-Dieselskandal" und nachfolgende dieselbetreffende Sammelklagen eine Musterfeststellungsklage in die ZPO aufgenommen, um Feststellungsklagen im Wege von Verbandsklagen zu erlangen.

Der nächste Schritt in der Entwicklung kollektiver Sammelklagen in Deutschland war die Umsetzung der EU-Richtlinie 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher (Verbandsklagenrichtlinie) durch die Verabschiedung des Verbraucherrechte-Durchsetzungsgesetzes (VDuG), das am 13. Oktober 2023 in Kraft trat.

Nach den Bestimmungen des VDuG können qualifizierte Einrichtungen im Namen einer Gruppe von Verbrauchern Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche gegen einen Beklagten geltend machen, der gegen Verbraucherrechte verstößt. Das VDuG gilt für alle Bereiche des deutschen Zivilrechts mit Ausnahme arbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Seine Bestimmungen sind jedoch hauptsächlich auf den Schutz von Verbrauchern und kleinen und mittleren Unternehmen ausgerichtet. Nach dem VDuG müssen mindestens 50 Verbraucher betroffen sein, um eine Sammelklage einzureichen. Für Klagen nach dem VDuG ist ausschließlich das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk das beklagte Unternehmen seinen Sitz hat.

Darüber hinaus hat der BGH in einer Reihe von Grundsatzentscheidungen (BGH-Urteil vom 27. November 2019 VIII ZR 285/18, LexFox und BGH-Urteil vom 13. Juli 2021 II ZR 84/20, AirDeal) den Standpunkt vertreten, dass das sogenannte Zessionsmodell (ein Modell, das die Ansprüche mehrerer Parteien durch Abtretung an einen Rechtsdienstleister zu einem Anspruch bündelt) nach deutschem Recht zulässig ist.

Recht erklärt - 23. Mai 2025

Rechtsbehelf

Aus welchen Gründen und unter welchen Umständen können die Parteien Berufung einlegen? Gibt es ein Recht auf ein weiteres Rechtsmittel?

Gegen die rechtskräftigen Urteile des erstinstanzlichen Gerichts kann Berufung eingelegt werden. Eine Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Streitgegenstands 600 € übersteigt oder wenn das erstinstanzliche Gericht in seinem Urteil die Berufung zugelassen hat.

Die Berufung kann nur auf eine Rechtsverletzung (das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewandt wurde) oder auf Tatsachen und Umstände gestützt werden, die gemäß § 529 ZPO eine andere Entscheidung hätten rechtfertigen müssen. Die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels beträgt einen Monat. Diese Frist beginnt mit der Zustellung des vollständig ausgefertigten Urteils.

Gegen die rechtskräftigen Urteile der Berufungsinstanz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist die zweite Rechtsbeschwerde zum BGH möglich. Eine solche Rechtsbeschwerde kann von einer Partei nur eingelegt werden, wenn das Berufungsgericht sie im Urteil zugelassen hat. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder das Interesse an einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des mit der Rechtsbeschwerde befassten Gerichts erfordert.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Ausländische Urteile

Welche Verfahren gibt es für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile?

Ausländische Entscheidungen von Gerichten der EU-Mitgliedstaaten werden in der Regel nach der Brüsseler Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung) anerkannt. Gerichtsurteile aus Norwegen, Island, der Schweiz und Dänemark werden nach dem Luganer Übereinkommen von 2007 anerkannt.

In Fällen, in denen die EU-Brüssel-Verordnung, das Lugano-Übereinkommen 2007 oder andere multilaterale oder bilaterale Verträge keine Anwendung finden, ist das Verfahren bzw. die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in § 328 ZPO geregelt. So verweigern die deutschen Gerichte die Anerkennung, wenn:

  • die Gerichte des Staates, zu dem das ausländische Gericht gehört, nach deutschem Recht nicht zuständig sind;
  • dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich darauf beruft, das Schriftstück, mit dem das Verfahren eingeleitet wurde, nicht oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte;
  • die Entscheidung mit einer in Deutschland ergangenen Entscheidung oder mit einer im Ausland ergangenen und anerkannten früheren Entscheidung unvereinbar ist oder wenn das Verfahren, das dieser Entscheidung zugrunde liegt, mit einem in Deutschland früher anhängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist;
  • die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere, wenn die Anerkennung mit den Grundrechten nicht vereinbar ist, und
  • die Gegenseitigkeit nicht gegeben ist.

Das Vollstreckungsverfahren ausländischer Entscheidungen in Fällen, in denen die EU-Brüssel-Verordnung, das Lugano-Übereinkommen 2007 oder andere multilaterale oder bilaterale Verträge keine Anwendung finden, ist in den §§ 722 und 723 ZPO geregelt. Um in Deutschland vollstreckt werden zu können, muss das ausländische Urteil in der Regel nach dem Recht des Ursprungslandes rechtskräftig geworden sein.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Ausländische Verfahren

Gibt es Verfahren zur Erlangung von mündlichen oder urkundlichen Beweisen zur Verwendung in Zivilverfahren in anderen Rechtsordnungen?

In der Europäischen Union wird das Verfahren zur Erlangung von mündlichen oder schriftlichen Beweisen aus anderen Rechtsordnungen durch die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen geregelt.

Die Verordnung gilt sowohl für mündliche als auch für schriftliche Beweismittel und legt fest, dass Rechtshilfeersuchen direkt zwischen den Gerichten übermittelt werden können. Für Rechtshilfeersuchen außerhalb der Europäischen Union können bilaterale Verträge gelten.

Erklärtes Gesetz - 23. Mai 2025

Schiedsgerichtsbarkeit

UNCITRAL-Modellgesetz

Stützt sich das Schiedsverfahrensrecht auf das UNCITRAL-Modellgesetz?

Die §§ 1025 bis 1066 der Zivilprozessordnung (ZPO), die das deutsche Schiedsverfahrensrecht darstellen, sind im Wesentlichen identisch mit dem Text des UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration (1985). Allerdings enthalten diese Abschnitte feine Unterschiede zum Modellrecht:

  • Nach § 1031 Abs. 2 ZPO gilt die Form einer Schiedsvereinbarung auch dann als gewahrt, wenn die Schiedsvereinbarung in einem Schriftstück enthalten ist, das eine Partei der anderen Partei übermittelt hat, und wenn im Falle eines verspätet erhobenen Widerspruchs der Inhalt dieses Schriftstücks nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Inhalt der Vereinbarung anzusehen ist;
  • nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts bei dem Gericht ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden;
  • nach § 1035 Abs. 3 ZPO die deutschen Gerichte bei der Bestellung von Schiedsrichtern behilflich sein können, solange der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens noch nicht feststeht, wenn der Antragsgegner oder der Antragsteller seinen Sitz oder Wohnsitz in Deutschland hat, und
  • gemäß § 1057 ZPO das Schiedsgericht in seinem Schiedsspruch über den Anteil der Parteien an den Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens entscheiden soll, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Schiedsgerichtsvereinbarungen

Was sind die Formerfordernisse für eine vollstreckbare Schiedsvereinbarung?

Die Anforderungen an die Form der Schiedsvereinbarung sind in § 1031 ZPO formuliert:

  • Die Schiedsvereinbarung muss entweder in einer von den Parteien unterzeichneten Urkunde oder in Briefen, Telefaxkopien, Telegrammen oder anderen zwischen den Parteien ausgetauschten Kommunikationsformen, die den urkundlichen Nachweis der Vereinbarung sicherstellen, niedergelegt sein (§ 1031 Abs. 1 ZPO);
  • die Form der Schiedsvereinbarung ist auch dann gewahrt, wenn die Schiedsvereinbarung in einem Schriftstück enthalten ist, das eine Partei der anderen Partei oder ein Dritter beiden Parteien übermittelt hat, und wenn im Falle eines verspätet erhobenen Widerspruchs der Inhalt dieses Schriftstücks nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Inhalt der Vereinbarung anzusehen ist (§ 1031 Abs. 2 ZPO);
  • die Bezugnahme auf ein Schriftstück, das eine Schiedsklausel enthält, eine Schiedsvereinbarung darstellt, sofern die Bezugnahme geeignet ist, die Klausel zum Vertragsbestandteil zu machen (§ 1031 Abs. 3 ZPO);
  • Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern müssen Bestandteil einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Niederschrift sein. Die erforderliche Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Die Niederschrift oder das elektronische Dokument darf keine anderen als die das Schiedsverfahren betreffenden Vereinbarungen enthalten (§ 1031 Abs. 5 ZPO); und
  • die Nichteinhaltung von Formvorschriften durch ein Vorbringen in der Sache im Schiedsverfahren geheilt wird (§ 1031 Abs. 6 ZPO).

Die Beendigung des Hauptvertrages hat in Deutschland nach der Lehre von der Trennbarkeit grundsätzlich nicht die Beendigung der Schiedsvereinbarung zur Folge. Eine Schiedsvereinbarung kann durch eine Entscheidung der Parteien beendet werden und ist dann nicht mehr vollstreckbar. Gemäß § 1040 Abs. 1 ZPO kann das Schiedsgericht über seine eigene Zuständigkeit und in diesem Zusammenhang über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. Zu diesem Zweck ist eine Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln.

 

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Wahl des Schiedsrichters

Wenn die Schiedsvereinbarung und etwaige einschlägige Vorschriften nichts zu dieser Frage sagen, wie viele Schiedsrichter werden dann ernannt und wie werden sie ernannt? Gibt es Einschränkungen des Rechts, die Ernennung eines Schiedsrichters anzufechten?

Buch 10 der ZPO enthält keine besonderen Anforderungen an die Schiedsrichter, wie z. B. Staatsangehörigkeit, Religion, Geschlecht oder Ausbildung. Gemäß Artikel 9.2 der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) können die Parteien eine Person ihrer Wahl als Schiedsrichter benennen. Die DIS kann jeder Partei auf deren Antrag hin Namen von potentiellen Schiedsrichtern vorschlagen.

Das Standardverfahren für die Bestellung von Schiedsrichtern findet sich in § 1035 Absatz 3 ZPO. Treffen die Parteien keine Vereinbarung über die Bestellung von Schiedsrichtern, so bestellt das Gericht auf Antrag einer Partei einen Einzelschiedsrichter, wenn sich die Parteien nicht über die Bestellung des Schiedsrichters einigen können. In einem Schiedsverfahren mit drei Schiedsrichtern bestellt jede Partei einen Schiedsrichter; die beiden so bestellten Schiedsrichter bestellen den dritten Schiedsrichter, der den Vorsitz führt. Hat eine Partei den Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach Erhalt der Aufforderung durch die andere Partei bestellt oder können sich die beiden Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach ihrer Bestellung auf einen dritten Schiedsrichter einigen, so bestellt das Gericht auf Antrag einer Partei den dritten Schiedsrichter.

Dieser Ansatz wird von der DIS-Schiedsgerichtsordnung verfolgt. Gemäß Artikel 11 der DIS-Schiedsgerichtsordnung wählt der Ernennungsausschuss der DIS den Einzelschiedsrichter gemäß Artikel 13.2 aus und ernennt ihn, wenn sich die Parteien nicht innerhalb einer von der DIS gesetzten Frist auf einen Einzelschiedsrichter einigen können. Wenn das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern besteht, benennt jede Partei gemäß Artikel 12 der DIS-Schiedsgerichtsordnung einen Mitschiedsrichter. Unterlässt es eine Partei, einen Mitschiedsrichter zu benennen, so wird dieser vom Ernennungsausschuss ausgewählt.

Das Verfahren zur Ablehnung von Schiedsrichtern ist in § 1037 ZPO beschrieben. Erstens steht es den Parteien frei, ein Verfahren für die Ablehnung eines Schiedsrichters zu vereinbaren. Zweitens sollte die Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen will, in Ermangelung einer solchen Vereinbarung innerhalb von zwei Wochen, nachdem sie von der Zusammensetzung des Schiedsgerichts Kenntnis erlangt hat, dem Schiedsgericht eine schriftliche Begründung für die Ablehnung des Schiedsrichters vorlegen. Tritt der abgelehnte Schiedsrichter nicht von seinem Amt zurück oder stimmt die andere Partei der Ablehnung nicht zu, so entscheidet das Schiedsgericht über die Ablehnung. Drittens, wenn die Ablehnung nicht erfolgreich ist, kann die ablehnende Partei innerhalb eines Monats, nachdem sie von der Entscheidung über die Ablehnung Kenntnis erhalten hat, beantragen, dass das Gericht über die Ablehnung entscheidet; die Parteien können eine andere Frist vereinbaren. Solange ein solcher Antrag anhängig ist, kann das Schiedsgericht, einschließlich des abgelehnten Schiedsrichters, das Schiedsverfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen.

Die Gründe für die Ablehnung eines Schiedsrichters sind in § 1036 ZPO enthalten. Ein Schiedsrichter kann nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die zu berechtigten Zweifeln an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit Anlass geben, oder wenn er die von den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt. Eine Partei kann einen Schiedsrichter, den sie selbst bestellt hat oder an dessen Bestellung sie mitgewirkt hat, nur aus Gründen ablehnen, die ihr erst nach der Bestellung bekannt geworden sind.

Die Gründe für die Abberufung eines Schiedsrichters sind in § 1038 ZPO enthalten. Ist ein Schiedsrichter rechtlich oder tatsächlich nicht in der Lage, sein Amt auszuüben, oder versäumt er es aus anderen Gründen, sein Amt innerhalb einer angemessenen Frist auszuüben, so endet sein Mandat mit seinem Rücktritt vom Amt oder mit der Vereinbarung der Parteien über die Beendigung des Mandats. Legt der Schiedsrichter sein Amt nicht nieder oder können sich die Parteien nicht über die Beendigung des Mandats einigen, kann jede der Parteien beantragen, dass das Gericht über die Beendigung des Mandats des Schiedsrichters entscheidet.

In der Zwischenzeit kann der Schiedsrat gemäß Artikel 16.2 der DIS-Schiedsgerichtsordnung einen Schiedsrichter seines Amtes entheben, wenn er der Auffassung ist, dass dieser Schiedsrichter seinen Pflichten gemäß der Schiedsgerichtsordnung nicht nachkommt oder nicht in der Lage ist oder sein wird, diese Pflichten in Zukunft zu erfüllen.

Schließlich können in Deutschland die Richtlinien der Internationalen Anwaltsvereinigung über Interessenkonflikte im Zusammenhang mit der Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte verwendet werden.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Optionen des Schiedsrichters

Welche Möglichkeiten gibt es bei der Auswahl eines Schiedsrichters oder von Schiedsrichtern?

In der Regel werden in Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland Juristen als Schiedsrichter eingesetzt. Auch pensionierte Richter oder Professoren werden zu Schiedsrichtern ernannt. Zu beachten ist auch das Bemühen der DIS um die Gleichstellung der Geschlechter bei der Bestellung von Schiedsrichtern. Nach Angaben der DIS zeigt die Gender-Statistik über die Ernennung von Schiedsrichtern in von der DIS verwalteten Schiedsverfahren für das Jahr 2023 ein Rekordhoch bei der Ernennung von weiblichen Schiedsrichtern in DIS-Schiedsverfahren. So waren 53,85 Prozent der von der DIS benannten Schiedsrichter, die 2023 ernannt wurden, Frauen (gegenüber 44,4 Prozent im Jahr 2022).

Erklärtes Gesetz - 23. Mai 2025

Schiedsgerichtsverfahren

Enthält das innerstaatliche Recht inhaltliche Vorgaben für das einzuhaltende Verfahren?

Das 10. Buch der ZPO enthält in einigen Abschnitten zwingende Vorschriften, die von den Parteien des Schiedsverfahrens zu beachten sind:

  • die Anforderungen an die Schiedsfähigkeit (§ 1030 ZPO);
  • die Formvorschriften für die Schiedsvereinbarung (§ 1031 ZPO);
  • gleiche Rechte der Parteien hinsichtlich der Zusammensetzung des Schiedsgerichts (§ 1034 Abs. 2 ZPO);
  • gleiche Rechte der Parteien auf ein wirksames und faires rechtliches Gehör (§ 1042 Abs. 1 ZPO);
  • die Endentscheidung des Gerichts über die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 1037 Abs. 3 ZPO);
  • die abschließende Entscheidung des Gerichts über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts (§ 1040 Abs. 3 ZPO); und
  • das Recht, einen Schiedsspruch vor staatlichen Gerichten aufzuheben (§ 1059 ZPO).

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Gerichtliche Befugnisse zur Unterstützung des schiedsrichterlichen Verfahrens

Welche Befugnisse haben die nationalen Gerichte, um das Schiedsverfahren vor und während eines Schiedsverfahrens zu unterstützen?

Die deutschen staatlichen Gerichte können die Schiedsgerichte in den folgenden Fragen unterstützen:

  • die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens auf Antrag einer Partei gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO feststellen;
  • auf Antrag einer Partei gemäß § 1033 ZPO vor oder nach Einleitung des Schiedsverfahrens eine einstweilige Anordnung oder eine Schutzmaßnahme in Bezug auf den Gegenstand der dem Schiedsverfahren unterworfenen Streitigkeit zu erlassen;
  • die Schiedsrichter zu bestellen, wenn eine Partei den Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach Eingang eines entsprechenden Antrags der anderen Partei bestellt hat oder wenn sich die beiden Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach ihrer Bestellung auf einen dritten Schiedsrichter einigen können, so bestellt das Gericht den dritten Schiedsrichter auf Antrag einer Partei gemäß § 1035 ZPO;
  • über die Ablehnung eines Schiedsrichters auf Antrag einer Partei nach § 1037 Abs. 3 ZPO zu entscheiden;
  • über die Entscheidung des Gerichts über seine Zuständigkeit auf Antrag einer Partei gemäß § 1040 Abs. 3 ZPO zu entscheiden;
  • die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung nach § 1041 Abs. 2 ZPO anzuordnen und
  • Unterstützung bei der Beweisaufnahme oder bei sonstigen gerichtlichen Handlungen leisten, zu denen das Schiedsgericht nach § 1050 ZPO nicht befugt ist.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Einstweiliger Rechtsschutz

Sind die Schiedsrichter befugt, einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren?

Nach § 1033 ZPO kann ein Gericht vor oder nach Einleitung des Schiedsverfahrens auf Antrag einer Partei eine einstweilige Maßnahme oder eine Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes in Bezug auf den Gegenstand der dem Schiedsverfahren unterworfenen Streitigkeit anordnen.

Darüber hinaus kann das Schiedsgericht gemäß Artikel 25.1 der DIS-Schiedsgerichtsordnung auf Antrag einer Partei einstweilige oder konservatorische Maßnahmen anordnen und solche Maßnahmen ändern, aussetzen oder aufheben. Das Schiedsgericht hat den Antrag der anderen Partei zur Stellungnahme zu übermitteln. Das Schiedsgericht kann von jeder Partei verlangen, dass sie im Zusammenhang mit solchen Maßnahmen eine angemessene Sicherheit leistet.

Der einstweilige Rechtsschutz kann auch von einem Eilschiedsrichter nach den Bestimmungen der renovierten DIS-Sportschiedsgerichtsordnung (DIS-SportSchO) gewährt werden, die am 1. Januar 2025 in Kraft getreten ist. Nach Artikel 25.3 der DIS-SportSchO kann der Eilschiedsrichter über den Antrag einer Partei auf einstweiligen Rechtsschutz entscheiden, wenn das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist. In Buch 10 der ZPO und in der DIS-Schiedsgerichtsordnung wird ein Eilschiedsrichter hingegen nicht erwähnt.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Schiedsspruch

Wann und in welcher Form muss der Schiedsspruch zugestellt werden?

In Buch 10 der ZPO ist keine Frist für die Verkündung des Schiedsspruchs angegeben. Gemäß Artikel 37 der DIS-Schiedsgerichtsordnung hat das Schiedsgericht den endgültigen Schiedsspruch jedoch grundsätzlich innerhalb von drei Monaten nach der letzten mündlichen Verhandlung oder der letzten zugelassenen Vorlage, je nachdem, was später eintritt, der DIS zur Überprüfung zu übermitteln. Der Schiedsrat kann nach eigenem Ermessen das Honorar eines oder mehrerer Schiedsrichter entsprechend der Zeit, die das Schiedsgericht für den Erlass seines endgültigen Schiedsspruchs benötigt hat, ermäßigen. Bei der Entscheidung über die Ermäßigung des Honorars konsultiert der Schiedsrat das Schiedsgericht und berücksichtigt die Umstände des Falles.

Nach § 1054 ZPO ist der Schiedsspruch schriftlich abzufassen und von dem Schiedsrichter oder den Schiedsrichtern zu unterzeichnen. In Schiedsverfahren mit mehreren Schiedsrichtern genügen die Unterschriften der Mehrheit aller Mitglieder des Schiedsgerichts, sofern der Grund für eine fehlende Unterschrift angegeben wird.

Außerdem sollte der Schiedsspruch die Gründe enthalten, auf die er sich stützt, es sei denn, die Parteien haben vereinbart, dass keine Gründe angegeben werden müssen. Für das von der DIS verwaltete Schiedsverfahren sind die Anforderungen an einen Schiedsspruch in Artikel 39 der DIS-Schiedsgerichtsordnung festgelegt:

  • Der Schiedsspruch muss schriftlich abgefasst sein;
  • Der Schiedsspruch muss die Namen und Anschriften der Parteien, der Prozessbevollmächtigten, die eine Partei in dem Schiedsverfahren vertreten, und der Schiedsrichter enthalten;
  • Der Schiedsspruch muss die Entscheidung des Schiedsgerichts und die Gründe dafür enthalten, es sei denn, die Parteien haben vereinbart, dass keine Gründe angegeben werden müssen, oder der Schiedsspruch ergeht einvernehmlich;
  • der Schiedsspruch muss Informationen über den Sitz des Schiedsgerichts enthalten; und
  • der Schiedsspruch muss Informationen über das Datum des Schiedsspruchs enthalten.

Darüber hinaus hat das Schiedsgericht im Endschiedsspruch die Kosten des Schiedsverfahrens anzugeben und über ihre Verteilung auf die Parteien zu entscheiden.

Erklärtes Gesetz - 23. Mai 2025

Berufung oder Anfechtung

Aus welchen Gründen kann ein Schiedsspruch angefochten oder vor Gericht angefochten werden?

Eine ausschließliche Aufzählung von Gründen für die Aufhebung eines Schiedsspruchs ist in § 1059 ZPO enthalten und spiegelt de facto die im UNCITRAL Model Law enthaltenen Gründe wider. Demnach kann ein Schiedsspruch nur dann aufgehoben werden, wenn die antragstellende Partei hinreichende Gründe dafür nachweist, dass:

  • eine der Parteien, die die Schiedsvereinbarung geschlossen haben, dazu nicht in der Lage war, oder dass die Schiedsvereinbarung nicht gültig ist oder, wenn die Parteien keine diesbezüglichen Festlegungen getroffen haben, dass sie nach deutschem Recht ungültig ist;
  • die antragstellende Partei nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist;
  • der Schiedsspruch eine Streitigkeit behandelt, die in der gesonderten Schiedsvereinbarung nicht vorgesehen oder von der Schiedsklausel nicht erfasst ist, oder Entscheidungen enthält, die über den Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung hinausgehen; und
  • die Bildung des Schiedsgerichts oder das schiedsrichterliche Verfahren nicht im Einklang mit einer Vorschrift des 10. Buches der ZPO oder mit einer zulässigen Vereinbarung zwischen den Parteien stand und sich dies vermutlich auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.

Als weitere Möglichkeit stellt das Gericht fest, dass:

  • der Streitgegenstand nach deutschem Recht nicht durch ein Schiedsverfahren geregelt werden kann;
  • die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führen würde, das gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt.

Der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs muss innerhalb von drei Monaten bei Gericht eingereicht werden. Diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem die antragstellende Partei den Schiedsspruch erhalten hat.

Nach § 1062 ZPO ist für die Entscheidung über den Aufhebungsantrag das in der Schiedsvereinbarung benannte Oberlandesgericht oder, wenn eine solche Benennung nicht erfolgt ist, das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Ort des Schiedsverfahrens liegt. Gegen die Entscheidung eines Oberlandesgerichts kann Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Die allgemeine Dauer des Aufhebungsverfahrens und der weiteren Beschwerde kann zwischen einigen Monaten und zwei Jahren variieren. Die Kosten des Aufhebungsverfahrens richten sich ebenfalls nach der Regel "cost follows the event".

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Vollstreckung

Welche Verfahren gibt es für die Vollstreckung von ausländischen und inländischen Schiedssprüchen?

Das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ist in Kapitel 8 von Buch 10 der ZPO geregelt. Zu beachten ist, dass das Verfahren zur Vollstreckung inländischer Schiedssprüche und ausländischer Schiedssprüche getrennt ist.

Nach § 1060 ZPO kann die Zwangsvollstreckung des inländischen Schiedsspruchs betrieben werden, nachdem der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt worden ist. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung wird abgelehnt und der Schiedsspruch aufgehoben, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Aufhebungsgründe erfüllt ist.

Das New Yorker Übereinkommen regelt die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Schiedssprüchen. Wird die Vollstreckbarerklärung verweigert, stellt das Gericht darüber hinaus in einem Feststellungsbeschluss fest, dass der Schiedsspruch in Deutschland nicht anerkannt werden soll. In Fällen, in denen der Schiedsspruch im Ausland aufgehoben wird, nachdem er für vollstreckbar erklärt wurde, kann jedoch ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarerklärung gestellt werden.

Deutschland ist ein schiedsgerichtsfreundliches Land, so dass in- und ausländische Schiedssprüche in der Regel in Deutschland für vollstreckbar erklärt werden, wenn sie keine offensichtlichen Mängel aufweisen, die ihrer Anerkennung entgegenstehen würden.

So lehnen die deutschen Gerichte beispielsweise die Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs ab, der von einem zuständigen Gericht in einem anderen Land, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, aufgehoben wurde. Dieser Ansatz wurde in der Entscheidung III ZB 14/07 des BGH bestätigt.

In Buch 10 der ZPO ist keine Verjährungsfrist für die Vollstreckung von Schiedssprüchen festgelegt. In Anwendung des materiellen deutschen Rechts kann eine Partei jedoch Einspruch gegen die Vollstreckung eines Schiedsspruchs erheben, wenn seit dem Erlass des Schiedsspruchs 30 Jahre verstrichen sind.

Erklärtes Gesetz - 23. Mai 2025

Kosten

Kann eine obsiegende Partei ihre Kosten erstattet bekommen?

Gemäß § 1057 ZPO hat das Schiedsgericht in seinem Schiedsspruch über den Anteil jeder Partei an den Kosten des Schiedsverfahrens zu entscheiden, einschließlich der Kosten, die den Parteien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entstanden sind.

In diesem Zusammenhang entscheidet das Schiedsgericht nach eigenem Ermessen, wobei es die Umstände des Einzelfalls, insbesondere den Ausgang des Verfahrens, berücksichtigt. Wie in den vorangegangenen Abschnitten erwähnt, entscheidet das Schiedsgericht gemäß Artikel 33.3 der DIS-Schiedsgerichtsordnung über die Kosten des Schiedsverfahrens nach seinem Ermessen.

Im Allgemeinen entscheiden die Schiedsgerichte in Deutschland nach dem Grundsatz "cost follows the event", d.h. die unterlegene Partei muss die Kosten der obsiegenden Partei tragen. Ein Schiedsgericht kann einen Schiedsspruch über Zinsen erlassen, soweit das auf den Streitfall anwendbare materielle Recht einen Zinsanspruch zulässt. Die mit der Vollstreckung von Schiedssprüchen verbundenen Kosten hängen vom Streitwert ab und richten sich nach der Kostenordnung für Gerichts- und Anwaltskosten. Im Allgemeinen sollte die unterlegene Partei diese Kosten tragen.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Alternative Streitbeilegung

Arten der alternativen Streitbeilegung

Welche Arten der alternativen Streitbeilegung werden üblicherweise angewandt? Ist ein bestimmtes ADR-Verfahren beliebt?

Die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) ist die führende Institution in Deutschland bei der Durchführung von Schiedsgerichtsverfahren und anderen alternativen Streitbeilegungsverfahren für nationale und internationale Handelsstreitigkeiten.

Die Schiedsgerichtsbarkeit ist nach wie vor das wichtigste ADR-Instrument in Deutschland. Nach der DIS-Jahresstatistik 2023 waren von der Gesamtzahl der eingeleiteten Verfahren im Jahr 2023 (191) 85 Prozent Schiedsverfahren, die nach der DIS-Schiedsgerichtsordnung eingeleitet wurden (163). Dagegen wurden nur sieben Verfahren nach der DIS-Mediationsordnung eingeleitet. Laut Statistik führt die DIS durchschnittlich 250 Schiedsverfahren pro Jahr durch und hat in ihrer mehr als 100-jährigen Geschichte Tausende von Schiedsverfahren erfolgreich durchgeführt.

So kann die DIS den Parteien beispielsweise anbieten:

  • Verwaltung von Schiedsverfahren nach der DIS-Schiedsgerichtsordnung einschließlich des beschleunigten Verfahrens, der Ergänzenden Regeln für Unternehmensstreitigkeiten und der Dispute Management Rules;
  • Verwaltung von Mediationsverfahren nach der DIS-Mediationsordnung;
  • Verwaltung von Adjudikationsverfahren nach der DIS-Adjudikationsordnung;
  • Verwaltung des Schlichtungsverfahrens nach der DIS-Schlichtungsordnung;
  • Sachverständigenfeststellungsverfahren nach der DIS-Sachverständigenfeststellungsordnung;
  • Verwaltung von Schiedsverfahren nach der DIS-Sportschiedsgerichtsordnung; und
  • Ergänzende Regeln für Mitteilungen an Dritte.

Gesetz genannt - 23. Mai 2025

Voraussetzungen für ADR

Müssen die Parteien eines Rechtsstreits oder Schiedsverfahrens ADR vor oder während des Verfahrens in Betracht ziehen? Kann das Gericht die Parteien zur Teilnahme an einem ADR-Verfahren zwingen?

Es ist nicht vorgeschrieben, dass die Parteien eines Rechtsstreits oder eines Schiedsverfahrens vor der Einleitung eines Verfahrens ein ADR-Verfahren in Betracht ziehen müssen. Die Parteien können jedoch eine mehrstufige Streitbeilegungsklausel vereinbaren, die sie verpflichtet, vor der Einleitung eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens zunächst ein ADR-Verfahren zu erwägen.

So hat der Bundesgerichtshof (BGH) in der Entscheidung I ZB 50/15 den Standpunkt vertreten, dass die Nichteinhaltung der zwingenden Bestimmungen mehrstufiger Streitbeilegungsklauseln nicht zur Unzuständigkeit des Schiedsgerichts führt, sondern dazu, dass die Klage als "derzeit unbegründet" eingestuft werden kann. Diese Position wurde in einer weiteren BGH-Entscheidung I ZB 1/15 entwickelt.

Darüber hinaus kann das Gericht gemäß § 278a ZPO den Parteien vorschlagen, eine Mediation oder andere alternative Konfliktlösungsverfahren durchzuführen. Entscheiden sich die Parteien für eine Mediation oder ein anderes alternatives Konfliktlösungsverfahren, so ordnet das Gericht die Aussetzung des Verfahrens an.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Sonstiges

Interessante Merkmale

Gibt es besonders interessante Merkmale des Streitbeilegungssystems, die in keiner der vorherigen Fragen angesprochen wurden?

Nicht zutreffend.

Erklärtes Recht - 23. Mai 2025

Aktualisierung und Trends

Jüngste Entwicklungen und künftige Reformen

Welches waren die wichtigsten Fälle, Entscheidungen, Urteile und politischen und legislativen Entwicklungen des vergangenen Jahres? Gibt es Vorschläge für eine Reform der Streitbeilegung? Wann werden etwaige Reformen in Kraft treten?

Leitentscheidungsverfahren

Das Leitentscheidungsverfahren wurde in § 552b der Zivilprozessordnung (ZPO) eingeführt und ist am 31. Oktober 2024 in Kraft getreten. Danach kann der Bundesgerichtshof (BGH), wenn die Berufung Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung für zahlreiche andere Verfahren von Bedeutung ist, nach Eingang einer Berufungserwiderung oder nach Ablauf eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung das Berufungsverfahren durch Beschluss als Leitentscheidungsverfahren bestimmen. In dem Beschluss sind die Tatsachen und Rechtsfragen zu bezeichnen, deren Klärung für zahlreiche andere Verfahren von Bedeutung ist. Das Leitentscheidungsverfahren dient der Rechtsangleichung in bestimmten komplizierten Fallgruppen. Die Entscheidung im Rahmen eines solchen Verfahrens hat jedoch noch keine bindende Wirkung für die unteren Gerichte, sondern sollte als Leitfaden für ähnliche Fälle dienen. Die erste Entscheidung nach § 552b ZPO hat der BGH bereits am 18. November 2024 (VI ZR 10/24) zur Frage von Schadensersatzansprüchen nach Art. 82 der Datenschutzgrundverordnung (EU) 2016/679 getroffen.

Handelsgerichte

Im Jahr 2024 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Stärkung der Rechtsprechung in Deutschland beschlossen, das am 1. April 2025 in Kraft tritt. Das neue Gesetz ermöglicht es den Bundesländern, spezialisierte Gerichte für Handelssachen in Form von Handelsgerichten und Handelskammern bei den Oberlandesgerichten einzurichten. Die Streitparteien können sich auf die Zuständigkeit eines solchen Handelsgerichts einigen, wenn der zivilrechtliche Streitwert mindestens 500.000 Euro beträgt. Eines der wichtigsten Merkmale dieser Gerichte und Kammern ist, dass die Verfahren in englischer Sprache geführt werden müssen.

Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts

Das deutsche Schiedsverfahrensrecht wurde zuletzt in den 1990er Jahren grundlegend modernisiert. Seitdem haben sich die Landschaft der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und ihre Besonderheiten erheblich verändert, was sich auch in der nationalen Gesetzgebung Deutschlands widerspiegeln sollte, das eine wichtige Stellung als Schiedsgerichtsstandort in der Welt einnimmt. Als Reaktion auf die Entwicklung der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit hat die Bundesregierung am 26. Juni 2024 ihren Gesetzentwurf zur Modernisierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts (Gesetzentwurf) veröffentlicht.

Die erste inhaltliche Änderung des Gesetzentwurfs betrifft die Form der Schiedsvereinbarung. Nach dem derzeitigen Wortlaut des 10. Buches der ZPO sollen Schiedsvereinbarungen grundsätzlich in schriftlicher Form abgeschlossen werden. Nach dem Gesetzentwurf können Schiedsvereinbarungen aber auch mündlich geschlossen werden. Dennoch sind Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern nach wie vor an strenge Formvorschriften gebunden und sollten vom Verbraucher unterzeichnet werden.

Zweitens können nach § 1063b des Gesetzentwurfs englischsprachige Schriftstücke aus einem Schiedsverfahren den deutschen Gerichten zur Aufhebung des Verfahrens vorgelegt werden, ohne dass eine Übersetzung ins Deutsche vorgelegt werden muss. Eine Übersetzung muss nur dann vorgelegt werden, wenn im Einzelfall ein besonderes Bedürfnis gegeben ist.

Drittens schlägt der Gesetzentwurf in § 1047 Abs. 2 und 3 eine gesetzliche Ermessensregelung vor, die die Durchführung von mündlichen Verhandlungen per Videokonferenz ermöglicht, um diese Verfahrensart zu präzisieren und die Rechtssicherheit weiter zu erhöhen.

Eine weitere wichtige Neuerung zur Förderung der Publizität von Schiedsverfahren ist die Möglichkeit, den Schiedsspruch und ggf. zustimmende oder abweichende Meinungen der Schiedsrichter mit Zustimmung der Parteien zu veröffentlichen. Eine solche Veröffentlichung kann in anonymisierter Form, ganz oder teilweise erfolgen.

Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf die Möglichkeit vor, einen von einem Schiedsgericht erlassenen Schiedsspruch, der sich für unzuständig erklärt, aufzuheben, wenn die antragstellende Partei hinreichende Gründe dafür nachweist, dass sich das Schiedsgericht zu Unrecht für unzuständig gehalten hat.

Der umfassende Charakter des Gesetzentwurfs zeigt die Absicht des Gesetzgebers, das deutsche Schiedsverfahrensrecht grundlegend zu modernisieren und an die Veränderungen anzupassen, die sich in den letzten Jahren im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ergeben haben.

Gesetzentwurf - 23. Mai 2025